(Seite 3 von 5)
Frankreich hatte in der gesamten zweiten Halbzeit keinen Schuss, der aufs Tor kam. Keinen. Als Team, das ein 0:1 aufholen musste, um im Turnier zu bleiben. Die einfache Erklärung, Frankreichs Leistung sei zu schlecht gewesen, erklärt das aber nur zum kleinen Teil. Man muss sich ansehen, was Frankreich nicht vermochte, und warum. Nachdem Alonso schon Mitte der ersten Hälfte das 1:0 erzielt hatte, war es höchst unwahrscheinlich, dass Laurent Blancs Mannschaft noch einmal in dieses Spiel zurückkommen würde - siehe die oben angeführte Bilanz Spaniens von KO-Spielen ohne Gegentor seit 2006.
Also hätte es Frankreichs Spielplan sein müssen, dieses Gegentor auf jeden Fall zu verhindern. Und genau das hatten sie mit ihrer größtenteils sehr defensiven Aufstellung ja auch versucht. Mathieu Debuchy und Anthony Réveillère agierten praktisch als zwei rechte Außenverteidiger, um Jordi Alba und Andres Iniesta zu stoppen - aber genau durch eine Kombination dieser beiden fiel das 1:0, was Blanc nach dem Spiel zu Recht beklagte - sein zentraler Schachzug war damit nicht aufgegangen. Von dieser Szene abgesehen, verteidigten die als Blancs aufgelaufenen Bleus nicht schlecht. Vor allem Laurent Koscielny zeigte eine ungewohnt solide Leistung in der Innenverteidigung als Ersatz für Philippe Mexes.
Aber auf das Verteidigen kam es in der zweiten Hälfte nicht mehr an, sondern darauf, irgendwann, irgendwie selbst in die Initiative zu kommen. Spanien war nicht so naiv, Konterräume zu eröffnen, außer vielleicht bei einem unachtsamen Hackentrick von Sergio Busquets, der einen Ballverlust zur Folge hatte. Bei eigenen Ecken blieben meist gleich vier Spanier hinten. Angriffszüge der Franzosen hätten also herausgespielt werden müssen. Doch in dem generell vergeblichen Versuch, das zu tun, wurden die Schwächen des französischen Spiels offenbar.
Während bei den Kombinationen der gewohnt ballbesitzorientierten Spanier bei nahezu jedem Ballkontakt eines Spielers im Mittelfeld immer sofort zwei Anspielstationen bereit standen, weil sich die ganze Mannschaft organisch verschob und alle Laufwege wie von Zauberhand geführt zueinander passten, unterschieden sich die schlechteren von den besseren französischen Spielzügen nur dadurch, dass bei den erstgenannten keine Anspielstationen in zehn Meter Entfernung bestanden und bei den besseren eine.