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Von: Daniel Raecke
Datum: 23. Juni 2012, 22:52 Uhr
Format: Artikel
Diskussion:
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Taktikanalyse: Spanien - Frankreich 2:0

Xabi Alonso, Spanien, Santi Cazorla
Xabi Alonso

Xabi Alonso war der Star in Spaniens Viertelfinale gegen Frankreich. Der Sieg lässt sich aber mit individueller Klasse schlechter erklären als mit den perfekten Dreiecken, die Spaniens Spieler auf den Rasen schrieben. Da liegt ein Ausflug in die Geometrie nahe, aber auch die Teilchenphysik muss dafür herhalten, Spaniens Titelchancen mit den deutschen zu vergleichen.

"Vor diesen Spaniern brauchen wir keine Angst haben", jubelte Bild. Joachim Löw werde beim Videostudium "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" "keine Stirnfalten bekommen", schloss die Süddeutsche Zeitung. Das war 2010 nach dem spanischen Viertelfinalsieg gegen Paraguay. Wenige Tage später warf die Roja Deutschland aus dem Turnier und wurde Weltmeister.

Seither hat Spanien kein Turnierspiel verloren. In den letzten acht Spielen bei Welt- und Europameisterschaften haben die Spanier ein einziges Gegentor kassiert. In KO-Spielen musste Iker Casillas zuletzt vor sechs Jahren hinter sich greifen - bei der WM in Deutschland, im Achtelfinale gegen Frankreich. Doch die Bewertung des jüngsten, hoch verdienten 2:0-Sieges gegen die gleiche Mannschaft, der erste Pflichtspielsieg gegen die Bleus in der spanischen Geschichte, ähnelt auf unheimliche Weise den Einschätzungen von vor zwei Jahren.

"Das reicht nur für Frankreich", fasste der Spiegel die "bestenfalls durchschnittliche Leistung" des Weltmeisters zusammen. Die Frankfurter Allgemeine vermisste "Frische" bei Spanien, das zu wenig "erfolgshungrig" sei. Da in der Redaktion von sportal.de offenbar mal wieder ein anderes Spiel auf dem Fernseher zu sehen war, wollen wir uns anderen Aspekten des "drögen Viertelfinals" (Süddeutsche Zeitung) widmen.

1) Das perfekte Spiel des Xabi Alonso: Sechs Jahre nach der Nacht von Hannover

Kehren wir dazu kurz zur angesprochenen Nacht von Hannover zurück: Xabi Alonso war damals erst 24 und stand, als Liverpool-Profi, in der Startelf gegen Frankreich. Der Baske musste das 1:3 miterleben, in dem David Villas Führungstor vor der Pause von Franck Ribéry egalisiert worden war, ehe in den letzten sieben Minuten Patrick Vieira und Zinedine Zidane das Spiel für den späteren Vizeweltmeister gewannen.

Am 23. Juni 2012 war alles anders. Alonso bestritt sein 100. Länderspiel für Spanien und erzielte beide Tore zum Halbfinaleinzug - Zidane, 2006 noch Gegenspieler und Superstar, feierte derweil am gleichen Tag seinen 40. Geburtstag, ist inzwischen aber nicht mehr in Frankreich, sondern Sportdirektor von Real Madrid, Alonsos Club.

Der sympathische Alonso verkörperte in Donetsk alles, was Spaniens Sieg ausmachte: Er brachte fast 90 Pässe an den Mann, womit er ausnahmsweise sogar Xavi in den Schatten stellte - den Gegner sowieso, von dem nur Yann M'Vila auf die Hälfte dieses Werts kam. Und er erkannte die Situation, als Spanien das Spiel in der 19. Minute nach links verlagerte, wo Jordi Alba sich gegen Anthony Réveillere durchsetzte und eine perfekte Flanke auf den Kopf des auf der Gegenseite in den Strafraum gestarteten Alonso servierte, der dann auch noch komplette Kopfballtechnik mit seinem gegen die Laufrichtung von Hugo Lloris auf den Boden gedrückten Abschluss demonstrierte.

Schließlich verwandelte Alonso den Foulelfmeter zum 2:0 ganz souverän, nachdem er in der ersten Hälfte Cesc Fábregas mit einem Zuspiel geschickt hatte, das nach dessen Zweikampf mit Gael Clichy auch schon einen Strafstoß hätte nach sich ziehen können. Diese runde Leistung muss auch zum Anfang einer Spanien-Analyse mal gewürdigt werden, weil man Xabi Alonso sonst nicht immer gerecht wird. Doch auch das Spiel gegen Frankreich wurde nicht durch die Klasse von Einzelnen entschieden, sondern durch die bessere Mannschaft als Kollektiv.

2) Perfekte Dreiecke: Der Einsatz des Pythagoras

Dass Spanien das tatsächlich nicht atemlos auf und ab wogende Spiel mit ökonomischem Einsatz kontrollierte, lässt sich nicht bestreiten. Das mag man, wieder einmal, aus ästhetischem oder Samstagabend-Unterhaltungsgesichtspunkt kritisieren, und man kann es vielleicht auch langweilig nennen, wie in einer über Twitter ausgetragenen Debatte zwischen britischen und spanischen Sportjournalisten. Aber den Fehler, diese Ökonomie und die Abwesenheit von gegnerischen Angriffen als Argument dafür zu nehmen, Spanien sei "nicht mehr so gut", den muss man doch nach sechs Jahren nun nicht mehr immer wiederholen.

Frankreich hatte in der gesamten zweiten Halbzeit keinen Schuss, der aufs Tor kam. Keinen. Als Team, das ein 0:1 aufholen musste, um im Turnier zu bleiben. Die einfache Erklärung, Frankreichs Leistung sei zu schlecht gewesen, erklärt das aber nur zum kleinen Teil. Man muss sich ansehen, was Frankreich nicht vermochte, und warum. Nachdem Alonso schon Mitte der ersten Hälfte das 1:0 erzielt hatte, war es höchst unwahrscheinlich, dass Laurent Blancs Mannschaft noch einmal in dieses Spiel zurückkommen würde - siehe die oben angeführte Bilanz Spaniens von KO-Spielen ohne Gegentor seit 2006.

Also hätte es Frankreichs Spielplan sein müssen, dieses Gegentor auf jeden Fall zu verhindern. Und genau das hatten sie mit ihrer größtenteils sehr defensiven Aufstellung ja auch versucht. Mathieu Debuchy und Anthony Réveillère agierten praktisch als zwei rechte Außenverteidiger, um Jordi Alba und Andres Iniesta zu stoppen - aber genau durch eine Kombination dieser beiden fiel das 1:0, was Blanc nach dem Spiel zu Recht beklagte - sein zentraler Schachzug war damit nicht aufgegangen. Von dieser Szene abgesehen, verteidigten die als Blancs aufgelaufenen Bleus nicht schlecht. Vor allem Laurent Koscielny zeigte eine ungewohnt solide Leistung in der Innenverteidigung als Ersatz für Philippe Mexes.

Aber auf das Verteidigen kam es in der zweiten Hälfte nicht mehr an, sondern darauf, irgendwann, irgendwie selbst in die Initiative zu kommen. Spanien war nicht so naiv, Konterräume zu eröffnen, außer vielleicht bei einem unachtsamen Hackentrick von Sergio Busquets, der einen Ballverlust zur Folge hatte. Bei eigenen Ecken blieben meist gleich vier Spanier hinten. Angriffszüge der Franzosen hätten also herausgespielt werden müssen. Doch in dem generell vergeblichen Versuch, das zu tun, wurden die Schwächen des französischen Spiels offenbar.

Während bei den Kombinationen der gewohnt ballbesitzorientierten Spanier bei nahezu jedem Ballkontakt eines Spielers im Mittelfeld immer sofort zwei Anspielstationen bereit standen, weil sich die ganze Mannschaft organisch verschob und alle Laufwege wie von Zauberhand geführt zueinander passten, unterschieden sich die schlechteren von den besseren französischen Spielzügen nur dadurch, dass bei den erstgenannten keine Anspielstationen in zehn Meter Entfernung bestanden und bei den besseren eine.

Wenn man unter diesen Bedingungen kein Weltklassefußballer ist und zugleich von zwei bis drei Spaniern bedrängt wird, dann kann man einfach keine Kombinationen in den Strafraum bringen. Diese französische Schwäche ist aber eine relative, denn gegen die Ukraine lief das Passspiel ganz gut, gegen England war das Problem eher der Ball in die Spitze als der Aufbau im Mittelfeld gewesen. Frankreich ist nicht primär deshalb ausgeschieden, weil die Mannschaft zu schlecht war, sondern vor allem, weil Spanien viel zu gut war.

Was allerdings schon ins Gewicht fiel, war die mangelnde Abstimmung der französischen Mannschaftsteile vor allem im Spiel mit dem Ball. Nachvollziehbar: Während neun Spieler in Spaniens Startelf bei Barcelona oder Real Madrid spielen, kam die französische Anfangsformation aus zehn verschiedenen Clubs.

3) Spanien - Deutschland: Oder ein Ausflug in die Baryogenese

Wir wollen von unserer Einschätzung Deutschlands als Titelkandidaten gar nicht abrücken. Aber die Presseschau nach den bisherigen Viertelfinals scheint eine warnende Korrektur zu erfordern. Nach verbreiteter Auffassung war das Spiel gegen Griechenland das Beste des bisherigen Turniers. Das gilt sowohl im In- wie im Ausland. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Griechenland zu den nominell schwächsten Teams des Turniers zählt und man die beiden Kategorien "ich sehe diesen Fußball gerne" und "die werden Europameister" nicht vermischen sollte.

Deutschland wird unserer Einschätzung nach eher wegen der Leistungen gegen Portugal und die Niederlande den Titel holen, aber nicht wegen des Griechenlandspiels. Genauso, wie die Spiele gegen Italien und Frankreich Spaniens Klasse dokumentieren, und nicht das 4:0 gegen Irland. Von diesen allgemeinen Erwägungen abgesehen, lässt sich der Bogen noch einmal zum historischen Vorbild vor zwei Jahren schlagen. Damals hatte Deutschland dreimal vier Tore erzielt, aber das war im Halbfinale gegen Spanien keine relevante Qualifikation.

Nun ist es noch lange nicht sicher, dass das Finale wirklich Deutschland - Spanien lautet, auch wenn das die beiden fraglos besten Teams des Turniers sind. Sollte es aber dazu kommen, so müssen wir unsere erst am Vortag aufgestellte Metapher von Spanien als Antimaterie des Fußballs komplett überarbeiten und mit unregelmäßigem Besuch des Unterrichts entschuldigen, als die Teilchenphysik auf dem Plan stand. Bei der Kollision von Materie und Antimaterie sollte es ja zu Explosionen kommen, bei denen beide zerstört werden. Die Existenz von Materie im Universum lässt sich schöpfungsgeschichtlich also nur durch eine asymmetrische Verteilung von beiden erklären, die sogenannte Baryonenasymmetrie.

Auf den Fußball übertragen: Spanien ist ja immer noch da - auch wenn es eine starke Asymmetrie zugunsten defensiver Mannschaften gibt, die eigens daran ausgerichtet zu sein scheinen, gegen Spanien gewinnen zu können. Das gilt, sofern sie gegen Spanien spielen, für fast alle anderen Auswahlmannschaften Europas - außer bisher für Deutschland, dessen Spiel sich in den letzten zwei Jahren eher hin zu einer aktiveren, ballbesitzorientierten Spielweise entwickelt hat. Ob das jetzt ein Vorteil oder ein Nachteil ist, wenn es wirklich zur Neuauflage des Endspiels von 2008 und des Halbfinals von 2010 kommen sollte, können wir ohne die Ausführung des physikalischen Experiments nicht bestimmen.

Da wir aber sicher auch jetzt schon zahlreiche Fehler bei der Beschreibung unserer Metapher gemacht haben, führen wir lieber keine Schwarzen Löcher ins Bild ein, sondern kehren zum Abschluss lieber noch einmal zur simplen Geometrie zurück: Solange Spanien seine Dreiecke so perfekt auf den Rasen bringt wie der Musterschüler an die Tafel schreibt, solange wird Spanien wohl nie Außenseiter in einem Turnierspiel sein - und alle Chancen auf den nächsten Titel nach 2008 und 2010 haben. Dafür muss man nur bis drei zählen können.

Daniel Raecke