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1) England: Die Vergangenheit
Erst ein einziges Mal vor 2012 war England mit vier Punkten in ein EM-Turnier gestartet: Bei der Euro 1996 im eigenen Land gegen die Schweiz und Schottland. Noch nie hatten die Three Lions ein Pflichtspiel gegen Schweden gewonnen. Bei der letzten EM war England gar nicht qualifiziert. Bei der WM 2010 wurde das Team unter Fabio Capello von Deutschland auseinandergenommen.
Im Winter trat Capello erst zurück, erst wenige Wochen vor der EM wurde mit Roy Hodgson sein Nachfolger festgelegt. Der sah sich - wie in England üblich - massiver Anfeindungen in den Medien ausgesetzt, die wieder einmal die falsche Wahl getroffen sahen. Wer verfolgt hat, wie Sven Göran Eriksson, teils wegen privater Aspekte, die nichts mit seiner Arbeit zu tun hatten, selbst von seriösesten Journalisten verunglimpft wurde, der kann darüber nicht verwundert sein.
Englische Medien wollen (in der Mehrheit) immer genau das an einem Nationaltrainer, was der Amtsinhaber gerade nicht hat. Und sie halten zwei WM-Viertelfinalteilnahmen in Folge mit knapper Niederlage gegen Brasilien und Elfmeterschießen-Aus gegen Portugal für Versagen. Nach Capello wurde ein englischer Manager gefordert, obwohl der letzte, Steve McClaren, kläglich gescheitert war. Dann wollte man Harry Redknapp, der aufgrund seiner umgänglichen Art und seiner Kolumne in der Sun Liebling vieler Journalisten ist.
Roy Hodgson dagegen, eher der Typ intellektueller Kosmopolit und ruhiger Theoretiker, passte vielen nicht. Vielleicht auch das ein Grund dafür, dass englische Fans bei einem EM-Spiel in Kiew in der Unterzahl gegenüber den Schweden sind. Nun aber hat Hodgson mit seinem veralteten Fußball und dem 4-4-2, das unter Capello 2010 vermeintlich sein letztes Stündchen erlebt hatte, den Erfolg zurückgebracht - zumindest im Rahmen realistischer Erwartungen und vorbehaltlich des letzten Gruppenspiels gegen die Ukraine.
2) England: Das Spiel gegen Schweden
Obwohl der absurde Spielverlauf in der zweiten Halbzeit für den Zuschauer sehr unterhaltsam war, spielte England gegen Schweden keineswegs besser als gegen Frankreich. Als Außenseiter war der Spielplan klar gewesen, als technisch sogar etwas bessere Mannschaft wusste Roy Hodgsons Team nicht immer, wie es spielen sollte - und zwar sowohl mit dem als auch gegen den Ball.
Die Wahl Andy Carrolls als neuer Sturmspitze in einer insgesamt offensiveren Formation führte dazu, dass England weniger flache, direkte Bälle von hinten heraus spielte, wie gegen Frankreich, sondern gerne mit hohen Hereingaben operierte, was dem Spiel einen sehr oldschooligen, 1990er-Jahre-Premier League-Touch verlieh. Nachdem Steven Gerrard mit einem solchen perfekten Ball auf Carroll das 1:0 eingeleitet hatte, versuchten die Engländer es immer wieder mit diesem Mittel.