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Diese Taktik, an deren Umsetzung Josep Guardiola in Barcelona letztlich scheiterte (nicht zuletzt, weil sie sich eher für reaktivere Mannschaften eignet), wurde nun von Prandelli auch in der Squadra Azzurra zum Einsatz gebracht, wobei Daniele de Rossi, eigentlich Mittelfeldmann, im Abwehrzentrum zwischen Libero und Abwehrchef changierte und die Außenbahnspieler Christian Maggio und Emanuele Giaccherini, die das beide aus ihren Clubs kennen, flexibel zwischen Mittelfeld und Abwehr wechselten.
Im zentralen Mittelfeld setzte Andrea Pirlo seine tolle Juventus-Saison fort, in einer ähnlichen Rolle wie in Turin: als tiefliegender Spielmacher, der von zwei Sechsern beschützt wird. Mit häufigen Wechseln zwischen Pressing, Gegenpressing und Rückzug erschwerte Italien wie lange kein Gegner den Spaniern den Spielaufbau im Mittelfeld. Xabi Alonso und Sergio Busquets wurde es nicht leicht gemacht, Pässe zu verteilen, Busquets wurde zu allem Überfluss auch noch vor dem Gegentor von Pirlo überlaufen.
Bei noch besserer Chancenverwertung hätte diese Taktik trotz gegen Ende müder werdender Italiener sogar zum Sieg reichen können, aber das Unentschieden war ein gerechtes Ergebnis. Portugal bleibt in dieser EM die einzige Mannschaft, die mit defensivem Spielplan ein Match verloren hat. Und Cesare Prandelli verdient bisher ohne jeden Zweifel das Attribut "beste Trainerleistung des Turniers", weil er seine Taktik umbaute, perfekt auf den Gegner abstimmte und noch dazu die Stärken jedes seiner Spieler optimierte. Ganz nebenbei auch noch den Schützen des 1:0 im richtigen Moment einwechselte.
2) Spanien hat doch Alternativen
Eine Parallele zum deutschen Auftaktspiel fiel auf: Deutschland war gerade im Begriff, den klassischen Mittelstürmer Mario Gomez auszuwechseln, als dieser das Siegtor erzielte. Und kurz, bevor Vicente del Bosque sein System ohne echte Spitze aufgab, traf der als "falsche Neun" aufgebotene Cesc Fabregas zum Ausgleich.
Die folgenden Wechsel demonstrierten dann dennoch die von uns gestern noch in Frage gestellten Alternativen im spanischen Kader. Zuvor war es Italien dank der Tendenz der spanischen Flügelstürmer, im Zweifel in die Mitte zu ziehen, leicht gefallen, viele Spieler hinter den Ball zu bringen. Vor allem David Silva zeigte immer wieder den Wunsch, mit dem starken linken Fuß abzuschließen, anstatt rechts am Verteidiger vorbeizugehen.