
Perfekt eingeschlagene Neuzugänge und eine direkte Spielweise haben Aufsteiger Eintracht Frankfurt an die Bundesliga-Spitze katapultiert. Erinnerungen an die legendäre Toppmöller-Elf werden wach. Doch hochmütig wie damals ist man aktuell nicht.
Wer am Freitagabend nach dem 2:1-Sieg von Eintracht Frankfurt in Nürnberg auf die Bundesliga-Tabelle geschaut hatte, wird sich schon ein wenig verwundert die Augen gerieben haben. Auf Platz eins thronte dort nämlich die Überraschungsmannschaft der bisherigen Saison: die Hessen. Vier Siege in Folge, solch einen Startrekord hatte die Eintracht noch nie in ihrer Geschichte erreicht, nicht einmal in der legendären Saison 1993/94.
Überhaupt, die Maximalausbeute von zwölf Punkten aus vier Spielen hatte in der Bundesliga-Geschichte noch kein Aufsteiger je erreichen können. Und gerechnet hatte damit bei Eintracht Frankfurt ohnehin keiner. "Jetzt haben wir eine Eigendynamik des Erfolgs", erklärte Vorstandsboss Heribert Bruchhagen laut rp-online.de. "Das ist völlig unerwartet und besonders."
Zudem begeistert die Mannschaft mit ihrer schnörkellosen und direkten Art, Fußball zu spielen, nicht nur Fans, sondern auch neutrale Beobachter. "Es hat sich eine Mannschaft herausgebildet, die den Mut hat, nach vorne zu spielen", freute sich Bruchhagen über seine Truppe.
Eintracht Frankfurt schon fast wie einst unter Toppmöller
Klar, dass nach einem solchen Saisonstart Erinnerungen an die Saison Mitte der Neunziger Jahre wach werden, als Eintracht Frankfurt mit offensivem Fußball, den genialen Pässen von Uwe Bein, den Tempodribblings von Jay Jay Okocha, den Toren von Anthony Yeboah und vielen anderen großartigen Spielern einen furiosen Hinrundenstart hingelegt hatte.
Trainer Klaus Toppmöller hatte nicht nur die Sehnsucht der Fans nach attraktivem, erfolgreichen Fußball in Frankfurt, sondern gleichzeitig auch die Sehnsucht des Boulevards gestillt. Schon zu Saisonbeginn hatte er ein Bild der Meisterschale an die Kabinentür nageln lassen, hatte zwecks Motivationssteigerung einen lebenden Adler mit zur Mannschaftsbesprechung gebracht und war sich in Interviews nach den Spielen und unter der Woche für keinen markigen Spruch in Richtung der Bundesliga-Konkurrenz zu schade gewesen.
Auf Toppmöllers Hochmut folgte der Fall
"Bye, Bye Bayern", hatte Toppmöller auf dem Höhepunkt des Hypes lautstark verkündet. Doch auf den Hochmut folgte der tiefe Fall. Und der begann am 16. Spieltag mit einer 0:3-Niederlage gegen den HSV, dem zwei Schlappen in gleicher Höhe gegen Köln und Borussia Mönchengladbach und eine 0:1-Pleite bei Werder Bremen folgten. Die Verletzung von Anthony Yeboah, der allein in den ersten sieben Saisontreffern elf Tore geschossen hatte, war nicht zu kompensieren.
Das vorher so hochgelobte Angriffsspiel der Hessen kam fast völlig zum Erliegen. Die Fans begehrten auf und auch innerhalb des Teams kam es zu Streitigkeiten. Die Unruhe im Umfeld wurde immer größer. Als die erhoffte Meisterschaft in immer weitere Ferne rückte und sich Toppmöller einer Anordnung des Präsidiums, den unbequemen Uli Stein aus dem Tor zu nehmen, widersetzt hatte, musste er gehen. Co-Trainer Charly Körbel sprang für die letzten Spieltage ein. Am Ende wurde die Eintracht Fünfter, die Meisterschaft ging an den FC Bayern München.
Führung von Eintracht Frankfurt bleibt bescheiden
Fünfter - diese Platzierung würden die Frankfurter in dieser Saison sicher mit Kusshand nehmen. Die mitgereisten Fans skandierten in Nürnberg jedenfalls bereits lautstark "Europapokal". Doch die Führung des Clubs bleibt trotz der jüngsten Erfolge und ihrer hervorragend eingeschlagenen Neuzugänge um Takashi Inui und Kevin Trapp realistisch und auf dem Teppich. Nicht nur das Beispiel 1993/94 hat gezeigt, wie schnell sich eine Saison auch in ihr Gegenteil umkehren kann.
Oberste Priorität habe daher erst mal der Klassenerhalt und für den hat die Eintracht in den ersten vier Saisonspielen bereits einiges getan. "Wir sind unserem Ziel näher gekommen", kommentierte Trainer Armin Veh den vom Dreier in Nürnberg gekrönten Lauf seiner Mannschaft daher auch betont lässig. "Wir wissen genau, wo wir hingehören", ergänzte Manager Bruno Hübner laut rp-online.de bescheiden. Genau richtig, denn wohin Hochmut führt, hatte man bei Eintracht Frankfurt vor knapp 20 Jahren bitter erleben müssen.