
Alles schien wie erwartet zu laufen: Die heimstarken Hannoveraner führten bereits mit zwei Toren gegen Mönchengladbach, das in den beiden letzten Auswärtsspielen neun Tore kassiert hatte. Doch Gladbach drehte die Partie und beendete die 96-Heimserie.
Borussia Mönchengladbach hat mit einer beeindruckenden Aufholjagd seine Auswärtsallergie abgelegt und die Heimserie von Hannover 96 nach 22 Spielen ohne Niederlage beendet: Die Gladbacher drehten beim verdienten 3:2 (0:0) am Sonntagabend sogar einen 0:2-Rückstand und zogen mit ihrem ersten Auswärts-Dreier dieser Saison in der Tabelle sogar an den Niedersachsen vorbei.
Vor 49 000 Zuschauern in der ausverkauften AWD-Arena sorgten Gladbachs Alvaro Dominguez (70.), Roel Brouwers (77.) und Juan Arango (79.) innerhalb von nur neun Minuten für einen nicht mehr für möglich gehaltenen Sieg. Der Ex-Gladbacher Jan Schlaudraff (48.) und Mame Diouf (53.) hatten Hannover in Führung gebracht. Das letzte Heimspiel hatte 96 am 30. April 2011 ebenfalls gegen Gladbach (0:1) verloren.
"Es geht schnell im Fußball. Es war unglaublich. Dieses 3:2 ist enorm wichtig für uns", analysierte Gladbachs Coach Lucien Favre mit strahlendem Gesicht, "wir waren enttäuscht und trotzdem positiv. Das 1:2 hat Moral gegeben. Das muss der Mannschaft Vertrauen geben." Sein Team ist mit zwölf Punkten jetzt Neunter und geht gestärkt ins Pokalspiel am Mittwoch bei Fortuna Düsseldorf.
Kein Tore in den ersten 45 Minuten
Die anstrengende Europa-League-Dienstreise nach Schweden und den nervenzehrenden 2:1-Last-Minute-Sieg gegen Helsingborg IF wollte Hannovers Trainer Mirko Slomka nicht als Ausrede für fehlende Frische geltenlassen. Auch Gladbach war international aktiv - und musste als Folge des 2:0 gegen Olympique Marseille zudem die verletzungsbedingten Ausfälle von Stürmer Luuk de Jong und Rechtsverteidiger Tony Jantschke verkraften. Dafür rückte Innenverteidiger Martin Stranzl auf die rechte Seite, Brouwers übernahm dessen Part in der Mitte.
Nach den jüngsten Packungen in der Fremde (0:4 in Bremen, 0:5 in Dortmund) waren die Gäste von Beginn an sichtbar um Ordnung und Disziplin bei der Defensivarbeit bemüht. Die Hannoveraner suchten vor der Pause meist vergeblich nach offensiven Antworten auf die Safety-First-Strategie der Gladbacher. Auch Schlaudraff, von 2002 bis 2005 bei der Borussia unter Vertrag, blieb lange blass.
Bis auf den Hochkaräter von Diouf (19.) erspielten sich die Platzherren keine zwingende Chance - der Senegalese scheiterte nach einem Zuckerpass von Lars Stindl aus acht Metern am zuletzt nicht fehlerfreien Gladbacher Schlussmann Marc-André ter Stegen.
Hannover legt vor, Gladbach dreht das Spiel
Nach 25 Minuten trauten sich die Gladbacher mehr. Mehr als Arangos Freistoß (41.) aus 35 Metern sprang aber nicht heraus - Zentimeter fehlten. Ähnlich mutig kam die Borussia aus der Kabine, wurde nach einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung aber prompt bestraft. Schlaudraff veredelte einen eigenen Konter ungehindert mit einem Schuss aus 22 Metern zum 1:0 (48.).
Ter Stegen sah dabei unglücklich aus - es war erst der zweite Torschuss der 96er in der Partie. Wie so oft zuletzt auswärts verloren die Gladbacher jetzt kurz die Orientierung und kassierten schnell das 0:2 (53.). Nach einem Freistoß-Trick überlistete Diouf den verdutzten ter Stegen per Hacke (53.) - bereits das 18. Gegentor für die zweitschwächste Abwehr der Liga.
Doch anders als in Bremen und Dortmund bewies Gladbach Moral. Zieler konnte einen Schuss von Arango nicht festhalten und Dominguez mühelos zum Anschlusstreffer abstauben (70.). Sieben Minuten später schaffte Brouwers in seinem 100. Bundesliga-Spiel per Kopf sogar das 2:2, und druch einen weiteren Fehler des Hannover-Schlussmanns fand Arangos direkt getretener Freistoß den Weg in die Maschen - 3:2.