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Die Experten für dreckige Siege haben nun allerdings ganz unterschiedliche Aufgaben vor der Brust. Werder Bremen empfängt den FC Bayern München. Selbst wenn Werder nicht gut spielt, aber gewinnt, gäbe es mit Sicherheit keine Pfiffe, sondern die Fans an der Weser würden ihr Team für den Überraschungserfolg feiern - und niemand würde von einem dreckigen Sieg sprechen. Die Schalker hingegen müssen wieder auf die Karte "Dreck fressen" setzen, denn gegen die unangenehm zu spielende Fortuna aus Düsseldorf ist es in dieser Spielzeit noch keinem Team geglückt, zu glänzen.
Was soll Martin Stranzl im Philosophischen Quartett?
Viele Menschen benutzen den Fernseher als Einschlafhilfe. Unter diesem Gesichtspunkt war die Sendung "Das Philosophische Quartett" ein Highlight der deutschen TV-Geschichte. In der ZDF-Kultur-Talkshow saßen ein paar wirre Zottelbarden und besprachen "Grundsatzfragen unserer Gesellschaft", bis dem Zuschauer die Äuglein zufielen. Wir haben da auch eine Grundsatzfrage für die philosophische Viererkette: Was ist eigentlich ausgleichende Gerechtigkeit?
Wie unsere Leser mit Sicherheit wissen, wird der Begriff der "ausgleichenden Gerechtigkeit" schon bei Aristoteles in der Nikomachischen Ethik eingeführt. Selbstverständlich verstand Aristoteles darunter nicht wie wir heute ein Gefühl, nach dem ein Unrecht durch ein anderes ausgemerzt werden kann. Aber wollen wir uns in Zeiten von Euro-Krise, Rettungsschirm und Finanzhebel wirklich von einem Griechen erklären lassen, was gerecht ist?
Nein, wir verlassen uns lieber auf unsere Intuition und werfen einen Blick nach Mönchengladbach. Denn wie komplex die Sache mit der Gerechtigkeit ist, weiß spätestens seit Mittwochabend auch Martin Stranzl. Der Österreicher in Diensten der Fohlen erzielte zunächst ein Kopfballtor, das eigentlich wegen Fouls nicht hätte gegeben werden dürfen. Dann wurde er für eine Notbremse vom Platz gestellt, die aus seiner Sicht nicht mal ein Foul war.
Interessant ist, dass Stranzl nach seiner Grätsche gegen Ivo Ilicevic Schiedsrichter Deniz Aytekin aufforderte, den vermeintlich Gefoulten zu fragen, ob dieser berührt worden sei. Dass Aytekin dies nicht tat, darf Stranzl natürlich ebenso verärgern wie die Ein-Spiel-Sperre, die ihm vom DFB-Sportgericht aufgebrummt wurde. Auf der anderen Seite muss auch die Frage erlaubt sein, warum Herr Stranzl zwar nach Abpfiff sehr selbstkritisch zugab, dass er vor seinem Tor gefoult hatte, dies aber auf dem Feld dem Schiedsrichter gegenüber nicht so bereitwillig äußerte, wie er es von Gegenspieler Ilicevic gerne gehabt hätte.
Doch das Ende des Lieds ist ja bekannt: Rafael van der Vaart war es herzlich egal, ob der Elfmeter berechtigt war oder nicht, den er sehenswert an den Außenpfosten zirkelte. Und die Gladbacher feierten ihren Ausgleichstreffer in allerletzter Sekunde, obwohl das Ergebnis dem Spielverlauf nicht wirklich gerecht wurde. Wie ist dies nun aus aristotelischer Sicht moralisch zu bewerten? Um es mit den Worten Lucien Favres zu sagen: "Oh la la, es ist noch viel zu tun."