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Diese Form brutaler Gewalt ist in Deutschland momentan zum Glück nicht im Umfeld von Fußballspielen bekannt geworden. Was nicht bedeuten soll, dass es keine Gewalt im deutschen Fußball gäbe oder dass wir sie "nicht so schlimm" fänden. Wir glauben lediglich, dass die unterschiedslose Vermengung aller Regelübertretungen in einem großen Brei der Berichterstattung gerade den Blick verdeckt auf das, was wirklich gefährlich ist. Genau das aber macht die "Gewalttabelle der Bundesliga" in der Bild.
Nur ein unsichtbarer Fan ist ein guter Fan
Sie wurde begleitet mit dem eingangs schon angesprochenen Kommentar des stellvertretenden Chefredakteurs Alfred Draxler, in dem er vor "italienischen Verhältnissen" warnte und, nachdem er wahrheitswidrig behauptet hatte, bei der "Irrsinns-Diskussion" um Pyrotechnik gehe es um die Forderung, "Leuchtraketen" "auf voll besetzten Rängen" abzufeuern (worum es der 2011 gestarteten Kampagne "Pyrotechnik legalisieren" tatsächlich im Dialog mit dem DFB ging, haben wir an anderer Stelle schon ausführlich erörtert), davor warnte, dass "unser Fußball" bedroht sei.
Wie "unser Fußball" aussehen würde, wenn es nach der "Gewalttabelle" ginge, lässt die Tabelle selbst erkennen: Die drei Clubs mit den "anständigsten Fans" (Bild auf der Titelseite der Printausgabe vom Mittwoch, Zitat nicht im Online-Artikel) sind demnach der FSV Frankfurt, der FC Ingolstadt und der SC Paderborn. Eben Clubs, die praktisch keine nennenswerte Fanszene haben. Nur ein unsichtbarer Fan wäre demnach ein guter Fan, was sich übrigens auch die Stadt Fürth sagt: Sie verbot vor dem Derby der Spielvereinigung gegen Nürnberg Club-Fans pauschal, die Innenstadt zu betreten. Da mutmaßlich nicht jeder Passant an den Lügendetektor angeschlossen werden wird, sind damit wohl Personen mit Fanartikeln des 1. FC Nürnberg gemeint. Inzwischen wurde die Maßnahme vom Verwaltungsgericht Ansbach allerdings wieder aufgehoben.
Ein solches Verbot hätte Ashley Mills, den Tottenham-Fan, der eine 30 Zentimeter lange und tiefe Stichwunde im Kopf davongetragen hat, nicht beschützt. Die Nazis, die ihn angriffen, trugen Motorradhelme und schwarze Skimasken, keine Fußballschals. Das Verbot von Fürth hätte Ashley Mills nur daran gehindert, mit seinen Freunden vor dem Spiel ein Bier trinken zu gehen.