In der zweiten Runde der US Open (ab 17.00 Uhr im Live-Ticker)sind noch vier deutsche Herren dabei. Während Philipp Kohlschreiber gegen den Franzosen Michael Llodra als Favorit auf den Einzug in Runde drei ins Match geht, stehen die drei anderen DTB-Männer als Underdogs vor wahren Mammutaufgaben.
Die größte Sensation könnte dabei Matthias Bachinger auf dem Schläger haben. Der 27-Jährige trifft mit Andy Murray zwar auf den Champion von 2012, aber eben auch auf ein derzeit wankendes Schwergewicht. Und Bachinger, die Nummer 235 der Weltrangliste, präsentierte sich in Runde eins bei seinem allerersten Sieg im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers gegen den Tschechen Radek Stepanek in Topform. ''Das war mein bestes Match aller Zeiten'', so Bachinger.
Vom Marktplatz nach Flushing Meadows
Dabei wäre der gebürtige Münchner, der im Sommer in der Bundesliga für Kurhaus Aachen aktiv war, in New York normalerweise gar nicht dabei gewesen. Einzig ein kompliziertes Nachrücksystem der ATP bescherte ihm kurzfristig einen Platz in der Qualifikation, vom Münchener Rathausmarkt ging es binnen 36 Stunden nach Flushing Meadows - und mit drei glatten Siegen ins Hauptfeld.Es trifft sich bestens, dass der Gegner Murray ist, den mit Bachinger auf der Juniorentour eine herzliche Freundschaft verband. ''Einmal habe ich gegen Andy gewonnen. In Italien, mit 7:6 im dritten Satz. Das werde ich nie vergessen'', erinnert sich Bachinger: "Denn Andy war damals schon richtig gut.''
Mr. Bundesliga, der Marathonmann
Jan-Lennard Struff muss gegen das amerikanische Aufschlagwunder John Isner und etwa 10.000 Fans im Louis-Armstrong-Stadium antreten. Auch Struff hat Bundesliga gespielt und ist mit seinem Verein TC Blau-Weiss Halle nach einem 6:0 gegen den TV Reutlingen Deutscher Meister geworden. Mit seiner Bilanz von 9:0-Siegen räumte er den inoffiziellen Titel ''Mr. Bundesliga'' ab.''Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich spiele sehr gern in einer Mannschaft'', so die Nummer 77 der Weltrangliste zur 'dpa' - eine eher untypische Aussage in einer Individual-Sportart wie Tennis. So war der Mann aus Warstein auch im Davis Cup der ideale vierte Mann für das deutsche Team, als im April gegen Frankreich fast die große Sensation geschafft wurde. Dass es aber auch ohne Team geht, bewies Struff in New York in Runde eins, in der er sich gegen den Kasachen Michail Kukuschkin zum ersten Mal in seiner Karriere von einem 0:2-Satzrückstand zurückkämpfte und in 3:13 Stunden gewann.
Nun soll - geht es nach Teamchef Carsten Arriens - der nächste Schritt in der Karriere des 24-Jährigen gelingen. ''Jan-Lennard kann richtig viel. Jetzt muss er das bei einem Grand Slam zeigen. Ich möchte ein richtig großes Match von ihm sehen - ob er nun gewinnt oder verliert. Chancen hat er allemal'', sagte Arriens.
Als Coach einen Weltrekordler
Von einem Coup träumt auch Peter Gojowczyk, der sich wie Bachinger erst durch die Qualifikation kämpfen musste. In der ersten Runde lieferte sich der 25-Jährige mit Benjamin Becker dann eine DTB-interne Ausscheidung, um nun gegen den kanadischen Weltranglistensechsten Milos Raonic antreten zu dürfen.Komplett chancenlos ist Gojowczyk sicher nicht - allein die blendende Fitness des Müncheners hilft ihm regelmäßig auch gegen vermeintlich stärkere Gegner dagegen zu halten. Das zeigte sich nicht zuletzt bei seinem Fünf-Satz-Sieg gegen Jo-Wilfried Tsonga im Davis Cup. Verantwortlich ist für diese Fitness mit Carlo Thränhardt übrigens ein ehemaliger Star der deutschen und internationalen Hochsprungszene - und seinerzeit schon mit der konditionellen Verfassung eines gewissen Boris Becker betraut.
''Er ist sehr gewissenhaft. Es kommt selten vor, dass ich ihn motivieren muss'', so der ehemalige Weltrekordler Thränhardt, der bei Gojowczyk auch das Mental-Coaching übernommen hat: ''Leider warf ihn im Frühjahr eine Zehenentzündung ein wenig zurück, da konnten wir auch nicht so trainieren, wie wir wollten. Nun aber geben wir wieder Gas.'' Vor allem könnte Gojowczyk gegen Raonic eben der mentale Aspekt durchaus hilfreich sein - schließlich gewann er das bislang einzige Duell der beiden im Sommer in Halle glatt in zwei Sätzen.
Oliver Stein