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Das Problem lag - wiederum bedingt durch den Charakter des einseitigen Spiels - weniger in den Defensivqualitäten von Kroos als vielmehr in seinem mangelnden Einfluss auf die Spielgestaltung hinter Mesut Özil. Sollte Schweinsteiger auch gegen Portugal bei der EM nicht spielen können, stellt sich die Frage, wie die Konstellation im Mittelfeld besser gelöst werden könnte als in Leipzig. Im DFB-Kader gibt es nur zwei echte Alternativen für den Platz neben Sami Khedira, Mario Götze gehört, wie wir nach dem Experiment von Basel wissen, nicht dazu, und ein 4-1-4-1 kann bei der EM eigentlich nicht das System der Wahl sein.
Bleiben also nur noch Ilkay Gündogan, der eine starke Rückrunde in Dortmund spielte, in Basel aber enttäuschte, und Lars Bender, der im Frühjahr wochenlang fehlte und es seither nur selten schaffte, an seine starke Vorrundenform anzuknüpfen. Dennoch wird einer der beiden in die Startelf rücken müssen, wenn Schweinsteiger nicht kann und Kroos nicht soll. Wo aber wäre Toni Kroos besser aufgehoben, wenn nicht auf der Bank?
Seine großartige Leistung im Champions League-Halbfinale gegen Real Madrid demonstrierte durchaus, welche defensiven Qualitäten Kroos in offensiverer Position zur Geltung bringen kann - sich fallen lassend, um Überzahl im zentralen Mittelfeld zu erzielen, Ballgewinne und Umschaltstiuationen gestaltend. Im deutschen Team spielt zentral hinter den Spitzen bekanntlich Özil, ein Konflikt, der sich entweder durch Verschieben des Madrilenen auf den linken Flügel lösen ließe, von wo aus er in der zweiten Halbzeit gegen Israel mehrere gefährliche Situationen kreierte, oder durch Einsatz von Kroos im linken Mittelfeld, wo er allerdings genau die oben beschriebenen Qualitäten nicht einbringen könnte.
Gelänge es, das Zusammenspiel der offensiven Mittelfeldreihe im Training ideal einzuspielen, wären Kroos, Özil und Thomas Müller auch für eine Total-Football-ähnliche Spielweise prädestiniert, in der alle drei ständig die Seiten wechseln, was Müller und Özil ohnehin sehr gut können. Das alles wären jedoch Planspiele, die mit Schweinsteigers Rückkehr ins Team zunächst Makulatur werden.
4) Das Vermächtnis des Herrn di Matteo
Die von uns nach dem Champions League-Finale aufgeworfene Frage, ob der Defensivfußball gerade seine Renaissance erlebt und folgerichtig auch die EM bestimmen werde, ist durch die beiden deutschen Tests einer Beantwortung noch nicht näher gekommen. Die Schweiz verteidigte tief und gut, schaltete aber auch gut um. Israel verteidigte ebenfalls extrem tief, besaß aber keine Mittelfeldspieler der Qualität Gökhan Inlers, die als Scharnier zwischen Spiel gegen den Ball und vertikalem eigenen Angriffsspiel hätten fungieren können.