(Seite 3 von 5)
Die Laufwege der deutschen Offensivspieler über die rechte Seite waren so offensichtlich der Kern des Spielplans, dass man Joachim Löw hier nur gratulieren kann. Den jüngsten Niederländer als Schwachstelle zu erkennen, war eine Sache, aber dass die entsprechenden Verschiebungen zwei Tore ermöglichten, war auch dem mangelhaften Defensivverhalten der vier Offensivspieler der Elftal geschuldet.
3) Defensive beginnt in der Offensive, Mijnheer Sneijder
Richtiges Pressing spielten die Niederländer in Kharkiv fast nie, und wenn, dann eher als voneinander unabhängige Terrorzellen, aber nicht als terroristische Vereinigung. Vor allem gingen die vier Offensivspieler der Elftal gemächlichen Fußes umher, wenn der Ball durch sie hindurchgespielt worden war. Das ergab riesige Räume im Mittelfeld, die noch dadurch vergrößert wurden, dass Özil Nigel de Jong gerne nach außen zog. So hatte Schweinsteiger zweimal viel Platz im Rücken von Mark van Bommel, der wiederum Sami Khedira gefolgt war.
In beiden Fällen bereitete Schweinsteiger ein Tor von Gomez vor. So gut Wesley Sneijder passte (kein EM-Spieler bereitete bisher mehr Torschüsse in diesem Turnier vor), so fatal war sein Positionsspiel ohne Ball. Anstatt Hummels bei seiner Spieleröffnung anzulaufen, bewegte er sich mal quer, mal auf den Verteidiger zu, das aber selten im Verbund mit seinen Co-Angreifern. Anstatt die Räume zuzumachen, wenn Schweinsteiger wie oben beschrieben startete, blieb er vorne und hoffte auf Konter. So sah die Formation der Elftal über weite Strecken wie ein 4-2-4 aus: Gift gegen ein lauf- und spielstarkes Mittelfeld im 4-2-3-1.
Und direkte Ursache dafür, dass in den beiden letztlich spielentscheidenden Situationen die Unterzahl im zentralen Mittelfeld zwei Gegentore verschuldete. Macht man diesen Fehler gleich zweimal gegen einen Gegner dieses Niveaus, so kann man ein Spiel eigentlich nicht mehr gewinnen. Was also konnte Bert van Marwijk noch tun?
4) Die Personalie Rafael van der Vaart
Zur Pause brachte der Bondscoach mit Klaas-Jan Huntelaar einen neuen Stürmer, Robin van Persie rückte mal auf die linke, mal auf die rechte Außenbahn, im Wechsel mit Arjen Robben. Sein Tor erzielte der Arsenal-Stürmer dann aus zentraler Position, nachdem Sneijder nach links gewechselt war. Für den vom Tempo des deutschen Spiels und die großen Abstände zwischen der Viererkette hinter ihm und den Offensivspielern vor ihm überforderten Kapitän Mark van Bommel kam zudem Rafael van der Vaart als zweiter, offensiverer Sechser.