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"Man hat einen Riesenvorteil, wenn man den Ball gewinnt, weil die Zehner dann gut stehen. Du hast aber auch einen Nachteil, wenn du den Ball verlierst, weil die Außenverteidiger dann an der gegnerischen Eckfahne stehen", wies Stefan Reinartz laut rp-online aber auch auf Nachteile des Tannenbaum-Systems hin. Dieses System des schnellen Umschaltens zu perfektionieren braucht aber Zeit, wie die Vorbereitungsspiele zeigten. "Wir sind uns bewusst, dass das nicht von heute auf morgen gehen wird", wie auch Coach Sascha Lewandowski klarstellte und benannte damit ein Problemfeld, das dem Best-Case-Szenario im Weg stehen könnte.
Zudem fehlt es dem ohne Frage hochtalentierten Bayer-Kader insgesamt im Vergleich zu den direkten Konkurrenten im Rennen um die Plätze im europäischen Geschäft allerdings auch an der nötigen Breite. Was ist, wenn die mit Vorschusslorbeeren bedachten Spieler nicht wie erhofft einschlagen? Rechtsverteidiger Carvajal muss seine Klasse auf Bundesliga-Niveau erst noch beweisen, Neu-Stürmer Fernandes ebenfalls deutlich unterstreichen, dass er mehr ist als ein Talent und vor allem mehr als ein Söldner, der es mit gerade einmal 23 Jahren auf sechs Clubs in den zurückliegenden sechs Jahren bringt. Was, wenn der erhoffte Entwicklungsschub bei einigen Kandidaten ausbleibt? Oder, wenn sich die Stammkräfte verletzten?
Dann könnte Bayer ein Qualitätsproblem bekommen. Dazu kommt ein weiteres Fragezeichen: Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski teilen sich offiziell die Verantwortung. Hyypiä habe aber laut Sportdirektor Rudi Völler letztlich die Entscheidungsgewalt. Der Finne ist der Princeps inter Pares. Auch im Falle eines Misserfolgs? Wer trägt dann die Konsequenzen. Hyypiä, Lewandowski oder doch beide zusammen? Dass sie gut zusammen arbeiten können, haben sie bereits Ende der abgelaufenen Saison bewiesen, als sie in sechs Spielen vier Siege und zwei Unentschieden einfuhren.
Doch die erste komplette Saison mit Vorbereitung und allen eventuell auftretenden Problemen wird für die beiden Bundesliga-Trainerneulinge eine echte Bewährungsprobe. Vor allem müssen sie dem Team Konstanz lehren, eine Achterbahn-Fahrt wie im letzten Jahr soll es nicht noch einmal geben.
Was mich an Bayer Leverkusen begeistert
Malte Asmus: Über das Bild, das die Verantwortlichen Völler und Holzhäuser in der letzten Saison abgegeben hatten, hatte ich mich geärgert - völlig überzogene Erwartungen, von Selbstkritik nach dem Dutt-Desaster kaum eine Spur. Doch mittlerweile scheint größerer Realismus Einzug gehalten zu haben bei Bayer. Vom Titel ist keine Rede mehr, stattdessen wird ein Plan verfolgt, mittelfristig etwas aufbauen zu wollen.
Dafür hat man sogar auf zusammengerechnet knapp 50 Millionen verzichtet, als Holzhäuser und Völler die Angebote für Bender und Schürrle ausschlug. "Wir haben einen Moment nachgedacht und uns dann für die sportliche Perspektive entschieden", sagt Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Richtig so, manchmal ist Nachdenken gar nicht so schlecht.
Was mich an Bayer Leverkusen nervt
Tobi Becker: Bayer Leverkusen ist mir eigentlich relativ sympathisch. Wäre da nicht Wolfgang Holzhäuser. Es vergeht kaum eine Woche, in der sich der der Geschäftsführer nicht zu Themen äußert, zu denen er sich nun wirklich nicht äußern müsste. Man könnte fast meinen, dass er der einzige Mensch auf der Welt ist, der sich sogar zu dem berühmten, umgeknickten Reishalm in China äußern muss. Aber gut, das lässt sich wohl nicht vermeiden und wird durch oftmals die Bundesliga bereichernde, ansehnliche Fußballspiele mit Bayer-Beteiligung überspielt.
Besonders nervig ist auch die ewige Ballack-Diskussion, die aus der vergangenen Saison im Kopf geblieben ist. Natürlich hatte auch Ex-Trainer Robin Dutt kräftig mitgemischt und Michael Ballack saß ebenso auf einem etwas zu hohen Ross, aber vor allem hätte von der Vereinsspitze eine klare Ansage kommen können - und zwar direkt. So zog sich das Thema über Wochen, gar Monate hin. Aber Ballack ist nun ja auch nicht mehr in Leverkusen. Die neue Saison kann kommen und ich werde Holzhäuser gedanklich ausblenden und mich auf die Spiele mit Bayer Leverkusen freuen.