Weltmeister Sebastian Vettel taumelt nach dem erneuten, technisch bedingten Aus in Monaco durch eine Saison, von der er nicht mehr viel zu erwarten hat - die aber noch lange nicht zu Ende ist.
Die Aussicht auf einen Abend im glitzernden Yachthafen reizte Sebastian Vettel nicht mehr, der Weltmeister wollte nach seinem bitteren Jubiläum nur noch raus aus Monaco. "Ein Boot habe ich ja sowieso nicht", sagte der 26-Jährige trocken: "Ich versuche jetzt, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen." Denn Vettels erneutes Aus wegen technischer Probleme war der vorläufige Tiefpunkt einer Saison, die noch so lange dauert - von der er aber kaum noch etwas erwarten darf.
"Ich fühle mich hilflos im Auto", beschrieb er die Gefühle nach seinem 100. Rennen für Red Bull Racing, und auf der Heimreise in die Schweiz dürften die Perspektiven für weiteren Missmut gesorgt haben. An vier der bislang sechs Rennwochenenden warfen den Titelverteidiger Schwierigkeiten mit seinem RB10 zurück, und auf eines scheint dabei immer Verlass: Sobald Besserung in Sicht ist, ereilt Vettel ein neuer, noch härterer Rückschlag.
77 Punkte Rückstand
Im WM-Klassement ist der Titelverteidiger nach dem Mercedes-Doppelerfolg im Fürstentum daher längst abgeschlagen. Sieger Nico Rosberg (Wiesbaden/122 Punkte) holte sich die Gesamtführung im immer heftiger werdenden Stallduell mit Lewis Hamilton (England/118) zurück - Vettel (45) hat bereits 77 Zähler Rückstand auf die Spitze. Das ist schon eine gewaltige Lücke, aber nicht der Hauptgrund für die Hoffnungslosigkeit. Red Bull dreht sich mit seinen technischen Problemen im Kreis, ist ein Loch gestopft, reißt das nächste auf.
So kann Vettel seinen Titel nicht verteidigen, und selbst der regelmäßige Kampf um einzelne Erfolge, einzelne Rennsiege scheint in dieser Saison unrealistisch. Das hat das Rennen in Monaco gezeigt, in dem Vettel zu Beginn recht aussichtsreich auf Rang drei gelegen hatte. "Wir haben am Samstag ein paar Probleme mit der Energierückgewinnung behoben, und am Sonntag kamen dann plötzlich neue mit dem Turbomotor", sagte Vettel. So zieht es sich nun schon durch das gesamte Jahr, "und es ist immer etwas anderes".
Aus Sicht des Rennstalls machte allein die Leistung von Vettels Teamkollegen Daniel Ricciardo (Australien) Mut, der auf Rang drei fuhr und Hamilton auf den letzten Kilometern tatsächlich nahe kam - ein Novum, zuvor waren die Silberpfeile gegen Ende des Rennens stets außer Reichweite der Konkurrenz gewesen. "So nah waren wir Mercedes noch nie in diesem Jahr, das erste Mal sind wir wirklich ein Rennen gegen sie gefahren", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner: "Es gibt also Zeichen des Fortschritts."
Kein Verlass auf Suzie
Zu vermuten ist allerdings, dass diese eher auf die Besonderheiten der Strecke zurückzuführen sind, auf die engen Kurven und den geringen Vollgasanteil in Monaco. Dass Red Bull den Rückstand auf Mercedes nicht innerhalb weniger Wochen deutlich verkürzt hat, dürfte sich schon in zwei Wochen beim Großen Preis von Kanada (8. Juni) zeigen.
Und für Vettel sind alle Fortschritte bei der Leistung des Autos ohnehin wenig wert, wenn er sich nicht auf seine "Suzie" verlassen kann. Kurioserweise ereilen die technischen Probleme fast ausschließlich den Deutschen, Ricciardo blieb bislang verschont. Der Weltmeister kann nur hoffen, dass seine Pechsträhn irgendwann endet. "Es kann ja nicht immer so weitergehen, ich muss wieder angreifen", sagte Vettel, bevor er sich aus Monaco verabschiedete. Und nach einer kurzen Pause fügte er an: "Es bleibt einem ja nichts anderes übrig."