Fast zeitgleich mit dem Großen Preis der Formel 1 in Monaco steigt in den USA am Sonntag ein noch größeres Motorsport-Event: Die 500 Meilen von Indianapolis gehen in ihre 100. Auflage. Geschichten aus dem berühmtesten "Nudeltopf" der Welt.
Louis Meyer hatte Durst. Es war ein warmer Tag im Frühsommer 1936, die Sonne brannte, die Kehle ebenfalls, und Meyers Sieg bei den 500 Meilen von Indianapolis lag gerade wenige Minuten zurück, da orderte der Amerikaner eine kühle Buttermilch - und begründete ungewollt eine dieser kuriosen Traditionen rund um das älteste, härteste und vielleicht größte Autorennen der Welt.
Am Sonntag feiern die Indy 500 nun ihre 100. Auflage, und nicht nur der Sieger wird dieses Mal seine Glasflasche heben: Passend zum Jubiläum werden 100.000 Kannen Milch an die Fans rund um das legendäre Oval verteilt - "the World's largest Milk Toast", diesen wohl ziemlich konkurrenzlosen Rekord peilen die Organisatoren an.
Das legendärste Rennen
Es wird bestens passen in das Bild des legendären Rennens, das seit jeher auch von seinen kleinen Schrulligkeiten lebt, von den Randgeschichten. Die Amerikaner wissen, wie man ein Sportereignis überhöht - und wie der Super Bowl sind auch die 500 Meilen von Indianapolis längst weit mehr als das. Am Sonntag dürfte das bei einem Blick über den Atlantik offensichtlich werden.
Denn rein zufällig steigt fast zeitgleich der Große Preis von Monaco, das schillerndste und prestigeträchtigste Rennen der Formel 1. Im Vergleich mit den Indy 500 wirkt der Auftritt der Königsklasse im Fürstentum allerdings irgendwie beschaulich.
Rund 350.000 Fans werden am Wochenende den berühmten "Nudeltopf" bevölkern, wo seit mehr als 100 Jahren Rennsportgeschichte geschrieben wird. Alles begann 1911, damals noch auf holprigem Untergrund, die Piste bestand aus mehr als drei Millionen Ziegelsteinen.
Tragödien Teil der Geschichte
Das klingt halsbrecherisch, und in der Tat gelten die Indy 500 auch als eines der gefährlichsten Autorennen der Welt. Tragödien sind Teil der Geschichte dieses Spektakels. Besonders in den Anfangsjahren fuhr die Gefahr stets mit, in den 1930ern kamen praktisch bei jeder Auflage Menschen zu Tode. Insgesamt mindestens 57 Leben forderten Rennen, Qualifyings und Trainings seit 1911, Fahrer, Mechaniker und Fans starben an der Strecke.
Seit immerhin 20 Jahren sind die Indy 500 nun ohne Todesfall, die Sicherheitsvorkehrungen werden stetig verbessert. Noch heute trägt der 2,5 Meilen lange Kurs zwar den Spitznamen "Brickyard", seit den 60er-Jahren ist er aber komplett asphaltiert - bis auf den 90 Zentimeter breiten Zielstrich. Der besteht noch immer aus Ziegeln und erinnert an die rauhen Anfangszeiten.
Castroneves peilt vierten Erfolg an
Im Rennen am Sonntag könnte indes Historisches geschehen. In Abwesenheit von US-Star Danica Patrick ist der erste Sieg einer Frau zwar ziemlich unwahrscheinlich, einzig die Engländerin Pippa Mann bietet den Männern Paroli. Dafür peilt "Spiderman" Helio Castroneves aus Brasilien seinen vierten Erfolg an, er würde damit zu den Rekordgewinnern A.J. Foyt (1961, 1964, 1967, 1977), Al Unser (1970, 1971, 1978, 1987) und Rick Mears (1979, 1984, 1988, 1991) aufschließen.
Und egal wer am Ende des kräfteraubenden Rennens triumphiert, er sollte sich einen Schluck Milch gönnen. Brasiliens Rennsportikone Emerson Fittipaldi verzichtete im Jahr 1993 mal darauf, er griff stattdessen zum Orangensaft. Das halten ihm einige noch heute vor. Die Amerikaner lieben ihre Indy 500 - mit all ihren Schrulligkeiten.