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Medinah Country Club
Mindestens 40.000 Menschen werden die Ryder Cup-Matches in der Nähe von Chicago verfolgen. Sie dürften kaum weniger fanatisch auftreten als die amerikanischen Anhänger vor vier Jahren in Valhalla, Kentucky, die selbst mittelmäßige Golfer wie Boo Wekley und Anthony Kim über sich hinauswachsen ließen.
Der Course No. 3 im edlen Country Club in Illinois war der längste Major-Kurs aller Zeiten, als 2006 dort die PGA Championship ausgetragen wurde. Tiger Woods gewann mit 18 Schlägen unter Par und einer der dominantesten Leistungen seiner Karriere. Woods hieß auch der Sieger 1999 bei der ersten PGA Championship in Medinah. In beiden Fällen kam allerdings auch Sergio García exzellent mit dem Kurs zurecht.
Medinah belohnt Länge beim Abschlag, was angesichts von nur vier Majors in der Geschichte, die bis heute auf längeren Kursen gespielt wurden, nicht verwundern kann. Das spricht für die Amerikaner, die mit Bubba Watson, Dustin Johnson und Keegan Bradley drei absolute Long Hitter im Aufgebot haben. Dass speziell Watson und Johnson dabei nicht die größte Präzision an den Tag legen, dürfte in Medinah deshalb nicht so ins Gewicht fallen, weil das Rough extra flach gemäht wurde, so dass auch Schläge, die das Fairway verfehlen, gut weiter zu spielen sind.
Matchplay-Golf entscheidet sich jedoch letztlich auf den Grüns, wie die Erfahrung lehrt, und auch in Sachen Putts sind die Amerikaner favorisiert. Sicher: Niemand wird Luke Donald in Grund und Boden putten. Aber Brandt Snedeker, einer der besten Putter der Welt, der zudem gerade vor wenigen Tagen die Tour Championship gewann und in Topform ist, muss sich auch vor dem Engländer nicht verstecken, und dazu kommen mit Steve Stricker, Matt Kuchar und Zach Johnson weitere Experten mit dem sogenannten Flat Stick, die dem amerikanischen Kader auch hier Vorteile verschaffen sollten.
Die reine Klasse des Kaders
Schließlich lässt sich auch jenseits der Spezialitäten der Amerikaner festhalten, dass das US-Team momentan die größere Tiefe hat. Einzig Captain's Pick Jim Furyk, hinter dessen Eignung für dieses Ryder Cup-Wochenende tatsächlich Zweifel bestehen (mangelnde Länge beim Drive, Formschwäche, schlechte Ryder Cup-Geschichte) liegt in der aktuellen Weltrangliste hinter Platz 17. Bei den Europäern ist nicht einmal die Hälfte des Aufgebots besser platziert als der zweitschlechteste Amerikaner, Zach Johnson.
Diese individuelle Qualität, gekoppelt mit dem Heimvorteil, spricht aus meiner Sicht für einen amerikanischen Sieg - keinen Erdrutsch, aber einen Sieg mit ein bis drei Punkten Abstand. Das Schöne am Ryder Cup ist ja aber, dass all diese harten Faktoren nicht immer darüber entscheiden, wer am Ende diese ebenso hässliche wie wunderschöne Trophäe mit nach Hause nehmen darf.