Vorne drückt der Schuh: Vor den Topspielen in der WM-Qualifikation hat der Weltmeister mal wieder Sorgen in der Offensive.
Joachim Löw lächelte seine Sorgen einfach weg. Gut gelaunt präsentierte sich der Bundestrainer bei der Ankunft der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in dunkelbrauner Lederjacke und schwarzem Hemd in Hamburg. Löw schrieb geduldig Autogramme und posierte mit den Fans für ein Selfie. Dabei nimmt der Weltmeister die Vorbereitung für die wegweisenden WM-Qualifikationsspiele gegen Tschechien und Nordirland nicht ohne Probleme in Angriff. Besonders in der Offensive drückt nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Mario Gomez der Schuh.
"Das ist sehr schade, weil wir keinen Spielertypen wie Mario Gomez haben", sagte Löw und nahm gleichzeitig seine verbliebenen Offensivkräfte um Thomas Müller, Mario Götze und Kevin Volland in die Pflicht: "Die Chancenverwertung ist auch eine Sache der Konzentration im Abschluss und der Mentalität."
"Wir benötigen zu viele Schüsse für ein Tor"
Das weiß Löw nicht erst seit der umfassenden Analyse der EM. Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) brauchte in Frankreich durchschnittlich zwölf, 13 Versuche für einen Treffer, so haben die Trainer um Löw festgestellt. "Wir benötigen zu viele Schüsse für ein Tor", sagte Löw, den auch sein kurzer Stolperer beim Aussteigen aus dem Auto vor dem Teamhotel Le Méridien an der Außenalster auf dem Weg zur WM 2018 in Russland nicht aus dem Tritt bringen soll.
In den Spielen gegen die Tschechen am Samstag in Hamburg und drei Tage später gegen die Nordiren in Hannover (beide 20.45 Uhr im LIVETICKER) steht Löw nun in Müller, Götze und Volland ein offensives Trio zur Verfügung, das in der Bundesliga nach sechs Spieltagen noch keinen einzigen Treffer vorzuweisen hat. Volland gab sich beim Treffpunkt schon einmal selbstkritisch. "Wir müssen kaltschnäuziger werden", sagte der Leverkusener, während Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff mahnte: "Wir dürfen unser großes Potenzial nicht leichtfertig verschenken."
Die mangelnde Chancenverwertung ist aber auch schon das einzige echte Problem des Weltmeisters. In Jerome Boateng und Ilkay Gündogan kommen wichtige Spieler gegen die vermeintlich stärksten Gegner der Gruppe C zurück. Besonders Gündogan, der aufgrund diverser Verletzungen fast ein Jahr kein Länderspiel bestritten hat, bringe "eine Qualitätssteigerung", so Löw, der seinen Profis aufgrund der zurückliegenden englischen Wochen einen Tag länger Pause gegönnt hat: "Die Regeneration war wichtig. Diese Woche reichen mir drei Trainingseinheiten. Ab jetzt gilt es, die gesamte Konzentration auf die beiden Spiele zu legen."
"Die Spieler kennen sich"
Bierhoff sieht in der verkürzten Vorbereitungszeit ebenfalls keinen Nachteil. "Die Spieler kennen sich und kennen das taktische System", sagte der Europameister von 1996 und lächelte dabei ebenso entspannt wie Löw. Nach dem souveränen 3:0 zum Auftakt der WM-Qualifikation in Oslo gegen Gastgeber Norwegen gilt es für den EM-Halbfinalisten in einem "heißen Herbst" (Bierhoff) nun nachzulegen. "Wir wollen die Tabelle nach den Spielen souverän anführen", sagte Bierhoff.
Die erste der drei Trainingseinheiten stand für das DFB-Team bereits am Mittwochabend im Stadion des FC St. Pauli am Millerntor an. Dass das Tabellenschlusslicht der 2. Liga erst sechs Tore in acht Spielen erzielt hat, soll dabei kein schlechtes Omen sein.