Der Mund ein Strich, grimmiger Blick und die Stirn in Falten - Fernando Alonso hat in diesen Tagen sichtbar schlechte Laune. Und das liegt nicht am miesen Wetter in Shanghai. Alonso droht in seinem McLaren-Honda beim Großen Preis von China (Sonntag, 8.00 Uhr) vielmehr das nächste Debakel, der Frust beim einstigen Superstar der Szene sitzt tief.
"Wir sind nicht konkurrenzfähig, auch hier in China nicht", sagte Alonso, der längst die in der Formel 1 sonst so weit verbreitete Diplomatie gegenüber Arbeitgebern abgelegt hat. Besonders sein Motörchen aus Japan lässt den 35-Jährigen verzweifeln, das nahezu komplett ausgefallene Training am Freitag macht die Probleme nicht kleiner: "Ich weiß nicht genau, wie viel Leistung uns auf die Gegner fehlt. Das Gefühl sagt: eine Menge."
Zwei WM-Titel hat Alonso mit Renault geholt, bisher 32 Rennen gewonnen - doch seit seinem Wechsel von Ferrari zu McLaren-Honda 2015 dümpelt der Spanier im Nirgendwo der Königsklasse umher. In den vergangenen 41 Rennen schaffte er es lediglich elfmal in die Punkte. Dabei war Alonso eigentlich angetreten, eine ähnlich erfolgreiche McLaren-Honda-Ära wie in den späten 80er Jahren zu beginnen. Damals dominierten Ayrton Senna und Alain Prost fast nach Belieben.
"Klar ist die Situation deprimierend", sagte Alonso, der sich selber in der Form seines Lebens wähnt: "Ich habe mich ideal auf die Saison vorbereitet, ich fühle mich gerüstet für große Taten. Ich fahre stärker denn je. Aber wir sind nicht konkurrenzfähig."
Kein Karriereende
Von einem vorzeitigen Karriereende, gar einem Rücktritt noch während der Saison - wie zuletzt spekuliert wurde - will Alonso aber nichts wissen. "Ich habe das alles auch gelesen, das ist einfach nicht wahr", sagte er. Er fahre trotz allem lieber Formel 1, als seine Zeit "zu Hause im Supermarkt" zu verbringen.
Alonso ist und bleibt von seinen Fähigkeiten überzeugt. "Es ist enttäuschend, nicht mehr Meisterschaften gewonnen zu haben", sagte er über sich. Alonso scheint mittlerweile auch davon überzeugt, dass er mit McLaren-Honda nicht mehr um Titel fahren kann.
Im Fahrerlager ist es deshalb ein offenes Geheimnis, dass er sich nach Ablauf seines Vertrages am Ende der Saison gerne Mercedes anschließen würde. "Dazu habe ich jetzt nichts zu sagen, das ist eine Frage für die Zukunft", sagte er. Aber: "Nichts ist ausgeschlossen."
Der Finne Valtteri Bottas hat als Nachfolger des zurückgetretenen Weltmeisters Nico Rosberg nur einen Einjahresvertrag bei den Silberpfeilen erhalten, theoretisch wäre der Platz neben Lewis Hamilton 2018 also vakant. Allerdings lieferten sich Alonso und Hamilton in ihrem gemeinsamen Jahr bei McLaren 2007 ein erbittertes Duell, doch davon will der Spanier heute nichts mehr wissen. Alonso geht bei Hamilton mittlerweile auf Kuschelkurs: "Ich respektiere ihn sehr, er ist ein großartiger Champion, und es ist toll, gegen ihn zu fahren."