Die Bundesliga startet am Freitag mit einer weiteren Errungenschaft in die Rückrunde - jedenfalls für sehbehinderte Fans. Erstmals beginnt das deutsche Fußball-Oberhaus nämlich ein Halbjahr, in dem jeder der 18 Erstligisten eine Audioreportage für Blinde und Sehbehinderte im Stadion anbietet.
Erstmals gab es eine Reportage für sehbehinderte Fans im Stadion am 15. Oktober 1999 bei der Partie Bayer Leverkusen gegen den SSV Ulm. "Die Leverkusener haben den Service auf einer ihrer Champions-League-Reisen kennengelernt", berichtete Broder-Jürgen Trede, der im April 2003 an der Universität Hamburg erstmals wissenschaftliche Standards entwickelt und dann die ersten Reporter ausgebildet hat. Bereits im Februar zuvor hatte der Sportwissenschaftler die "Blindenreportage" beim Hamburger SV ins Leben gerufen und betreut das Projekt mittlerweile seit knapp zwölf Jahren: "Das ist ernstzunehmender Journalismus mit hohem Anspruch."
Warum es in Freiburg so lange gedauert hat, kann Koordinator André Wunder selbst nicht so genau sagen. Seit er vor zwei Jahren den Bereich Fanangelegenheiten beim SCF übernommen hat, treibt er das Projekt allerdings voran. "Wir haben die Sehbehindertenreportage in Freiburg jetzt erst mal auf die Kinderbeine gestellt - und fangen mit vier Plätzen klein an. Aber der Zuspruch ist groß", berichtete Wunder. Im geplanten neuen Stadion, über das die Freiburger am 1. Februar in einem Bürgerentscheid abstimmen, soll dann die Sehbehindertenreportage gleich ihren festen Platz bekommen.
"Reporter sind Navi ihrer Zuhörer"
Neben den 18 Erstligisten bieten auch 14 Zweit- und sieben Drittligisten extra Plätze für Sehbehinderte an. Ganz neu an den Start geht dieser Tage Holstein Kiel. Das Team der "Störche" hat Trede Ende des vergangenen Jahres ausgebildet.Bei den Reportagen beschreiben meist zwei Reporter im Wechsel über ein Mikrofon und Sender den Sehbehinderten, die ihrerseits mit Kopfhörer und Empfänger ausgestattet sind, was auf dem Rasen passiert. "Die Reporter sind sozusagen das Navi ihrer Zuhörer", äußerte Trede, "sie müssen stets auf Ballhöhe sein."
Das unterscheidet die "Blindenreportage" von Angeboten im Radio oder Fernsehen. "Bei uns steht an erster Stelle ganz klar das Reportieren, das möglichst bildhafte und detaillierte Beschreiben. Kommentierende Elemente oder unterhaltsames Beiwerk wie Statistiken und Anekdoten sind die Kür. Entscheidend ist das Gespür für das richtige Timing: Wann muss ich zwingend reportieren, und wann kann ich es mir zusätzlich leisten zu kommentieren?"
Achte Vollversammlung der Sehbehindertenreporter
Der von Ex-Meister-Trainer Christoph Daum unterstützte Fanclub Sehhunde, der sowohl in Leverkusen als auch in Hamburg an der Entstehung der Projekte beteiligt war, veranstaltete im November 2007 in Köln erstmals einen bundesweiten Workshop. Mit dabei war auch Schneider, der gleich Feuer und Flamme war. "Als ich von der Veranstaltung zurück nach Frankfurt kam, war mir klar, dass ich mich dafür stark machen werde", betont Schneider, der sich daraufhin mit Trede in Hamburg traf.Am 17. und 18. Januar 2015 nun fand bereits zum achten Mal die Vollversammlung der Sehbehindertenreporter statt. Beteiligt sind neben der DFL auch die Bundesliga-Stiftung, die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und die Aktion Mensch. Dieses Mal waren in Kaiserau 53 Reporter dabei. Tendenz steigend. Nächstes Ziel ist es, die Sehbehinderten-Reportage auch in der 2. Liga zum Standard zu machen.