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Das Phänomen Ultras
Die Bösewichte sind jedoch zumindest für die Medien schnell gefunden. Die Ultras. Ultras werden oft pauschal als Problemfans, Gewalttäter, Rechtsradikale oder Hooligans gebrandmarkt. Die Ultra-Bewegung in Europa ist ein Phänomen, das in den 1960er Jahren in Italien entstand und dann langsam über West-, Südost- und Ost- nach Nordeuropa kam. In Deutschland sind Ultra-Gruppierungen erst Anfang der 1990er Jahre angekommen.
Zum Phänomen unter den Fangruppen wurden die Ultras allerdings erst zur Jahrtausendwende. "Es ist den Ultras gelungen, die Anfeuerungskultur in nahezu jeder Fankurve zu dominieren. Alle haben sich daran gewöhnt, dass die Ultras den Takt vorgeben, erklärt Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (Kos), im Interview mit sportal.de.
Was sind eigentlich Ultras?
Ultras sind Fans, die ihren Club und ihre Stadt besonders leidenschaftlich, emotional, engagiert unterstützen und dabei sehr aktiv und gut organisiert für Stimmung im Stadion sorgen wollen. Dabei stehen optische Aktionen wie die spezielle Kurven-Choreografie, Schwenkfahnen, Doppelhalter und Pyrotechnik ebenso im Mittelpunkt wie akustische Aktionen durch einen mit einem Megaphon (oder Mikrofon) ausgestatteten "Vorsänger".
Ultras verstehen sich dabei nicht vornehmlich als Mitglied eines Fan-Clubs. Ultra zu sein, bedeutet eher eine Art Lebenseinstellung. Die Ultra-Identität ist Teil einer neuen Fan- und Jugendkultur, in der es darum geht, Teil einer eingeschworenen Gruppe zu sein. Die Ultras begreifen sich selbst dabei als "Avantgarde" - als die Stimme der Fans.
Allerdings machen sie prozentual bei Heimspielen meist nicht mehr als 1 - 5 Prozent aller Zuschauer aus. Bei Auswärtsspielen stellen sie dagegen einen überproportional großen Anteil der mitgereisten Fans. In vielen Ultragruppierungen gehört allerdings auch Gewaltbereitschaft gegenüber anderen Ultragruppen oder der Polizei zum Selbstverständnis.
Die attraktivste jugendliche Subkultur
Michael Gabriel weißt im Interview mit dem NDR auf die "hohe Bedeutung als Sozialisationsinstanz dieser Gruppierungen hin. "Es gibt Stimmen, die sagen, dass es die attraktivste jugendliche Subkultur in Deutschland ist", ergänzt er. "Wenn man sich dann in eine solche Ultra-Gruppierungen hineinversetzt, wo jeder, wenn er die richtigen Farben trägt, hoch willkommen ist und große Wertschätzung erfährt, dann kann man erahnen, welche Bedeutung diese Gruppen für junge Leute haben."
Dabei verweist er auf Studien von Wilhelm Heitmeyer (Universiät Bielefeld), der auf die hohe Bedeutung gesellschaftlicher Anerkennung für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen hindeutet. "Etwas, das die Gesellschaft immer weniger bereit hält, aber die Ultras im hohen Maße bieten, so Gabriel.
Der Sicherheitsgipfel wurde zur Farce
Die Politik reagierte auf die Ausschreitungen in Düsseldorf, Karlsruhe und Dortmund wenige Wochen vor Beginn der Bundesliga mit einem "Sicherheitsgipfel zu dem allerdings Fanvertreter nicht eingeladen waren. Innenminister Hans-Peter Friedrich scharte Vertreter des Deutsche Fußball-Bundes, der DFL und Vertreter der Vereine der ersten und zweiten Liga um sich. Nur Union Berlin blieb der Veranstaltung fern. Das Ergebnis war ein zuvor vom Innenministerium erarbeiteter Verhaltenskodex, der Gewalt und Pyrotechnik ablehnt und eine Verschärfung der Stadionverbotsrichtlinie enthält.
Das Bündnis "ProFans" lud zum Gegengipfel ein und zeigte sich enttäuscht über die mangelnde Diskussionbereitschaft der Politik. Die Verschärfung der Stadionverbotsrichtlinien wurde als "Schlag ins Gesicht" begriffen, wie es Jakob Falk von "ProFans" formulierte. "Wir haben keine Argumente mehr, um Leute zu überzeugen. Eine Radikalisierung setzt dann ein, wenn der Dialog abbricht", so Falk. Den Hardlinern der Politik ging es nicht um die Fans oder den Fußball, sondern um die Beruhigung der Medien, wurde geunkt.