Der Bayer mag Superlative. Bescheidenheit mag er nicht. Muss er auch gar nicht, denn nach dem 6:1-Kantersieg gegen Lille ist keine Lederhose zu dick, um der überragenden Vorstellung des FC Bayern gerecht zu werden. sportal.de sah einen Titelkandidaten.

Um keine Zeit zu verlieren, die wichtigsten Fakten zu diesem vierten Spieltag der Gruppe E auf einen Blick: Es war die höchste Halbzeitführung in der Geschichte der Champions League: Bayern führte bereits mit 5:0 zur Pause. Claudio Pizarros 2:0 war das 500. Tor des FC Bayern im Europapokal der Landesmeister. Sein 4:0 war das 750. Bayern-Tor in allen europäischen Wettbewerben. Das 5:0 komplettierte seinen Hattrick innerhalb von nur 15 Minuten. Bei konsequenterer Chancenverwertung hätte alleine Arjen Robben das Ergebnis zweistellig gestalten können. Philipp Lahms drei Assists in einem Spiel wurden nur zweimal in der CL-Geschichte übertroffen - darunter am Vortag von Zlatan Ibrahimovic, der vier Treffer gegen Dinamo Zagreb vorbereitete.

Und, ach ja: Lille ist ausgeschieden. Obwohl Salomon Kalou nach der Pause zum schönsten Tor des Abends in den Winkel traf.

Versuchen wir, die Tore dieses einseitigsten aller Champions League-Spiele zwischen einem furiosen FC Bayern und einem an Dinamo Zagreb erinnernden Lille OSC im Schnelldurchlauf zu beschreiben wie einst Dieter Thomas Heck zweitklassige Schlager in der ZDF-Hitparade: Nach nur fünf Minuten eröffnete Bastian Schweinsteiger mit einem Freistoßtor aus knapp 20 Metern den Reigen. Sein mit rechts in den linken Winkel platzierter Standard war gut, aber LOSC-Keeper Mickael Landreau hätte bei besserem Timing seines Sprungs vielleicht eine Abwehrchance gehabt.

Pizarros Hattrick - in 15 Minuten

Nach einem wunderschönen Doppelpass mit Franck Ribéry markierte Pizarro dann das 2:0 nach 18 Minuten. Es war erst die Hälfte der ersten 45 Minuten vorbei, als Arjen Robben auf 3:0 erhöhte - erneut mit einem Freistoß, der von Florent Balmont jedoch unhaltbar für seinen Keeper abgefälscht wurde. Zwei Freistoßtore innerhalb von 20 Minuten - da sage noch jemand, Bayern könne keine Standards. Oder hatte Jupp Heynckes etwa auf den Rat von Bastian Schweinsteiger gehört, dass mehr ruhende Bälle trainiert werden sollten?

Das 4:0 konnte noch vor der Halbstundemarke fast ohne Gegenwehr herausgespielt werden. Das galt sowohl für Lahms tolle Flanke, bei der er nicht angegriffen wurde, als auch für Pizarros Abschluss aus kurzer Distanz. Der Peruaner komplettierte seinen Hattrick dann mit einem wiederum von Lahm vorbereiteten Kopfball in der 33. Minute.

Nun wäre es schon lange besser für Lille gewesen, gar nicht mehr anzutreten und eine 0:3-Niederlage am Grünen Tisch mitzunehmen, aber wenigstens Fairness konnte man den Nordfranzosen nicht absprechen. Belohnt wurde der Sportsgeist der Dogues mit dem Ehrentreffer durch Salomon Kalou, der aus fast 30 Metern in den rechten Winkel traf - Javi Martínez sah in dieser Szene nicht ideal aus.

Nach 66 Minuten kam der eingewechselte Toni Kroos dann auch noch zu seinem Tor - assisiert erneut von Lahm, der das Albtraumspiel von Franck Béria ein weiteres Mal nutzte, um den Abschluss vorzubereiten. Über vergebene Chancen zu nörgeln, hieße, kleinlich zu sein. Aber es darf nicht unerwähnt bleiben, dass Robben vier Riesenchancen vergab, die er eigentlich hätte machen müssen. Dann wäre es der höchste Sieg auch nach 90 Minuten geworden und nicht nur nach 45.