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So könnte es gehen, gegen Freiburg zu gewinnen, und wenn schon ein Viertligist das herausfindet, dann könnte es eine ganze Reihe von Bundesligatrainern geben, die zu den gleichen Schlüssen kommen. Und die, anders als Lutz Göttling, der Trainer des SC Victoria, auch die Spieler haben, um diese Schlüsse auf dem Platz gewinnbringend umzusetzen. Angesichts der neuerlichen Verletzungen von Mujdza und Jan Rosenthal könnte es so kommen. Muss es natürlich nicht. Wie gesagt: Ein einzelnes Pokalspiel bei Augusthitze heißt ebenso wenig, dass es eine schwere Saison wird wie es das vor zwei Jahren für Hannover tat, als 96 in der ersten Runde in Elversberg scheiterte - und anschließend die beste Bundesligasaison seiner Karriere spielte.
Es kann aber eben auch doch ein Zeichen dafür sein, wo die Sollbruchstellen im System liegen. Und wenn das so kommen sollte, dann kann Freiburg auch absteigen. Worst Case wäre Platz 18.
Was mich an Freiburg begeistert
Daniel Raecke: In den meisten Städten Europas haben sich in den Anfangsjahrzehnten des Profifußballs bestimmte Clubs etabliert, die ihren einmal gewonnenen Platz dann nie wieder hergeben. Man kann nach Gegenbeispielen suchen und findet dann vielleicht das Beispiel Münchens, wo der FC Bayern dem TSV 1860 den Rang abgelaufen hat. Aber die Sechzger waren, als Bayern zur Nummer eins in Deutschland wurde, auch nur einmal Deutscher Meister gewesen, wie die Bayern auch. In Hamburg, Stuttgart, Frankfurt oder Köln kamen kurzzeitig Lokalrivalen auf, die aber nie dauerhaft auf dem Niveau der alteingesessenen Nummer eins spielten.
Wir können über die Ruhrgebietsstädte und Düsseldorf zu Nürnberg, Bremen und Hannover kommen und werden ebenso wenig ein Gegenbeispiel finden wie in Augsburg, Kiel, Braunschweig oder Mannheim. Es gibt eigentlich nur eine Ausnahme, und das ist Freiburg. Der Freiburger FC war Deutscher Meister 1907 und bis in die 1980er Jahre hinein die klare, traditionelle Nummer eins der Stadt. Dann wurde der FFC vom Sportclub überholt.
Das war nicht zuletzt das Werk von Achim Stocker, eines der erfolgreichsten und gemessen an den Voraussetzungen wahrscheinlich sogar des erfolgreichsten Präsidenten in der deutschen Fußballgeschichte. Dass der Sportclub 2000 das Stadion des Erzrivalen, das Möslestadion, für seine vorbildliche Fußballschule übernahm, wäre wohl überall sonst als Affront gewertet worden (man stelle sich vor, der HSV hätte nach St. Paulis Abstieg in die Regionalliga das Millerntor übernommen), aber im Breisgau war es das logische Ergebnis jahrzehntelanger guter Arbeit.
Deren Früchte werden bis heute geerntet und ermöglichen es, dass der SC aktuell im vierten Jahr wieder erstklassig ist. Nicht dank eines reichen Mäzens (Hoffenheim), nicht dank eines großen Konzerns (Wolfsburg, Leverkusen). Freiburg ist das einzige Beispiel in den letzten 40 Jahren dafür, dass sich ein Club ohne große Möglichkeiten in der Bundesliga etabliert. Wenn das kein Grund für Begeisterung ist, was dann?
Was mich an Freiburg nervt
Tobi Becker: Schon wieder auf einer unscheinbaren Mannschaft rumhacken, nur weil sie unscheinbar ist, kommt nicht in Frage. Außerdem kickt Freiburg fast regelmäßig bis kurz vor Abpfiff des letzten Spieltages gegen den Abstieg, was durchaus für Spannung in der Bundesliga sorgt, sogar dann, wenn man kein Fan oder Sympathisant ist. Der Trainer Christian Streich sorgt in Baden immer wieder für gute Laune und seine Sprüche zieren sogar den Comedyteil von diversen Radiosendern. Die Mannschaft ist gut eingespielt, hat aber nicht all zu viele Möglichkeiten und fast noch weniger Geld.
Natürlich gilt Freiburg als Ausbildungsverein, musste unter anderem deshalb aber auch immer wieder wichtige Spieler gehen lassen, da kein Potenzial nach oben gesehen wurde. Zuletzt machte sich Papis Demba Cisee aus dem Staub, ein Spieler, der in der Bundesliga für Aufsehen sorgte. Freiburg kann solche Fußballer nicht halten und muss auf große Namen verzichten. Nennen Sie mir sechs Spieler vom SC Freiburg in derselben Zeit, in der Sie mir mindestens acht von Bayern oder Dortmund nennen.
Was für das Image Freiburgs als Erstligist ebenso schädlich ist, sind die Spielanlagen. Wie im Artikel schon beschrieben ist es zu simpel, ohne große Flexibilität, wirklich limitiert. Ich verlange ja nicht den aktuell so gehypten "schönen Fußball" - das ist ohnehin immer eine individuelle Einschätzung und Geschmackssache - aber ein wenig mehr Tempo und Kreativität haben noch keinem Team geschadet, Torgefahr ebenso wenig.