Eine Unternehmensberatung stellt dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ein alarmierendes Zeugnis aus und rät zu unbequemen Umstrukturierungen und Sparmaßnahmen. Das "Fazit zur Aufgaben- und Effizienzanalyse" der vom DOSB beauftragten Firma Ernst & Young attestierte eine "fehlende Strategie, Defizite bei der Steuerung u.a. der DOSB-nahen Institutionen sowie Schwachpunkte bei der Wirtschaftlichkeit". Dies seien "somit auch die logischen Hauptansatzpunkte für die Verbesserung", hieß es in dem 39-seitigen Abschlussbericht.
Wegen der angespannten Wirtschaftslage des DOSB, der vor der Analyse bis zum Jahr 2020 durchgängig mit negativen Bilanzergebnissen im Kernhaushalt gerechnet hat, empfiehlt Ernst & Young die "konsequente Umsetzung finanzrelevanter Maßnahmen", durch die "ggf. auf eine Beitragserhöhung verzichtet" werden könne. Konkret genannt wurden unter anderem "Kürzungen bei Personal-, Sach- und Projektkosten" sowie "Ausgabensenkung bei ausgewählten Zuschüssen".
In diesem Punkt hat der DOSB seine Hausaufgaben nach eigenen Angaben bereits erledigt. "Als erfreuliches Zwischenfazit können wir schon jetzt feststellen, dass die identifizierten Reduzierungen bei Sach- und Personalkosten dazu führen, dass wir auch ohne die ursprünglich einmal diskutierte Beitragserhöhung auskommen werden", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann dem SID: "Unter normalen Umständen ist erkennbar, dass wir mittelfristig einen mindestens ausgeglichenen Haushalt sichern werden, und zwar bis 2020."
Allein dieses Ergebnis, das laut Hörmann durch akribische Detailanalyse zustande gekommen ist, "amortisiert die entstandenen Kosten für das Projekt in Höhe von rund 300.000 Euro in wenigen Monaten". Je nach Intensität und Inhalt werde man die Projekte zur Neustrukturierung bis zum Jahresende 2017 "vollständig abschließen", sagte Hörmann.
"Aufgaben stärker unter strategischen Aspekten definieren"
Die Berater empfehlen, "dass der DOSB seine Aufgaben stärker unter strategischen Aspekten definiert". Dazu gehört auch eine engere Zusammenarbeit und stärkere Kontrolle von DOSB-nahen Institutionen wie der Deutschen Sport-Marketing (DSM), der Deutschen Sportjugend (dsj) oder der Forschungseinrichtungen IAT und FES. Der DOSB solle seine "Steuerungsfunktion deutlich stärker wahrnehmen".
Der DOSB hatte sich die Überprüfung seiner Strukturen im Rahmen des Projekts "Anstoß 2016" selbst auferlegt. In Befragungen übten im Verlauf Mitarbeiter, Experten sowie Vertreter von Interessengruppen und Verbänden zum Teil heftige Kritik am DOSB und seiner Führung. Von "Orientierungslosigkeit" war in einem im Sommer durchgesickerten Zwischenbericht die Rede, von nicht optimaler Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, da der DOSB "keine Strategie hat und daher seine Ziele unklar sind".
Mit der Leistungssportreform versucht sich der DOSB derzeit bereits an einem Mammutprojekt. Zuletzt war die Anschubfinanzierung der Reform aus der Politik weitaus geringer ausgefallen als erwartet. Ernst & Young merkte an, dass die Ergebnisse der Leistungssportreform in der Analyse "ggf. im Nachgang noch zu ergänzen" seien.