180 Tage vor der Kandidatenkür in Lima hat IOC-Präsident Thomas Bach den Weg für eine Doppelvergabe der Olympischen Spiele 2024 und 2028 geebnet. Nach einer Sitzung der Exekutive des Ringeordens in Pyeongchang ist wahrscheinlicher denn je, dass Paris 100 Jahre nach den letzten Spielen an der Seine die Spiele 2024 austragen wird und Los Angeles vier Jahre später zum dritten Mal nach 1932 und 1984 zum Zuge kommt.
"Wir schließen keine Option aus, das beinhaltet auch den Prozess für '24 und '28", sagte Bach auf die Frage nach Details zu den geplanten Änderungen. Eigentlich sollte am 13. September in Perus Hauptstadt Lima gemäß der Gepflogenheiten nur der Gastgeber für 2024 bestimmt werden. Nur noch Paris und Los Angeles sind im Rennen, mit keinem dieser Bewerber will es sich das IOC verscherzen.
"Wir haben zwei exzellente Kandidaten aus zwei großen olympischen Nationen", sagte Bach. Sollte eines der Schwergewichte im Kampf um '24 verlieren, könnte sich das betreffende Land verärgert aus der olympischen Bewegung zurückziehen. Das will das IOC in Zeiten schwindender Kandidaten unbedingt vermeiden. Eine Doppel-Vergabe könnte dagegen beide Städte zu Siegern machen.
Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus den vier IOC-Vizepräsidenten, soll die Revolution vorbereiten. "Kommen sie zurück und sagen, ein Wechsel ist nicht gut, lassen wir es. Wenn sie einen neuen Vorschlag haben, hängt es davon ab, wie weit dieser geht", sagte Bach. Am 11./12. Juli sollen die Ergebnisse in Lausanne präsentiert werden
"Im Zweifel immer für Abstimmung"
Ob die IOC-Mitglieder dann über eine Änderung des Bewerberverfahrens abstimmen, ließ Bach noch offen. Auch das hänge vom Grat der Neuerungen ab, sagte der Jurist: "Im Zweifelsfall bin ich immer für eine Abstimmung und die Einbindung der Mitglieder bei einem so wichtigen Punkt", sagte Bach.
Eine Änderung der Olympischen Charta ist für Bach im Falle einer Doppelvergabe nicht unbedingt notwendig, auch wenn die Regel 33.2 vorschreibt, dass die Wahl der Gastgeberstadt stets sieben Jahre vor den Spielen stattzufinden habe. "Ich bin einer der Co-Autoren der Charta und weiß, dass sie dort etwas Flexibilität bietet", sagte Bach. Eine Charta, so Bach, müsse immer Raum für Interpretationen zulassen.
Offenbar hat Bach ("Das jetzige Vergabeverfahren produziert zu viele Verlierer") die Sitzung des Exekutive-Boards in Südkorea dazu genutzt, Zweifler im IOC-Vorstand von einer Doppelvergabe zu überzeugen. Ausgerechnet die Vize-Präsidenten John Coates (Australien), Ugur Erdener (Türkei) und Zaiging Yu (China), die jetzt der Arbeitsgruppe angehören, hatten im Vorfeld Kritik geäußert. Mit einer Doppelvergabe würden interessierte Bewerber für 2028 verprellt werden, hieß es. Außerdem würden die IOC-Mitglieder in ihrem Wahlrecht eingeschränkt.
Auch IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger hatte die Änderung kritisiert. "Die Welt ändert sich so massiv und so schnell, da ist man angewiesen auf kurzfristige Entscheidungen." Das zeige das Beispiel der FIFA mit den WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022. Sport-Ökonom Wolfgang Maennig indes begrüßte die Idee. "Das IOC unternimmt derzeit eine Reform-Agenda, die viel Zeit benötigt. So verschafft man sich Luft", sagte Maennig, da für 2028 keinen neuen Kandidaten gesucht werden müssten.