Russische Tennisspieler, Judoka und Bogenschützen werden bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) starten dürfen. Die Weltverbände ITF (Tennis), IJF (Judo) und WA (Bogenschießen) waren bis zum Montagmittag die einzigen, die sich nach der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees gegen einen Komplett-Ausschluss Russlands detailliert geäußert haben. Mehrere Fachverbände wie die Ruderer (FISA) haben eine Entscheidung für den späteren Montag angekündigt. Die übrigen Dachorganisationen prüfen noch.
"Ich bin bestürzt, wie schnell die ersten Weltverbände sämtliche nominierten Athleten aus Russland durchgewunken haben. Ich habe dann doch große Zweifel, dass da überhaupt eine verantwortungsvolle Prüfung stattfindet", sagte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag.
Freitag, auch Vize-Präsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), hatte die Entscheidung des IOC "als schlechtestes Zeichen überhaupt" bezeichnet. Offenbar zeichnet sich ab, dass viele Fachverbände den russischen Athleten einen Rio-Start ermöglichen, obwohl der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF samt Präsident Sebastian Coe einen anderen Weg eingeschlagen und die Russen bis auf eine Ausnahme komplett gesperrt hat. "Sebastian Coe hat den anderen internationalen Verbänden Hilfe angeboten, aber offensichtlich wird das dort gar nicht gewünscht", sagte Freitag.
Der Tennis-Weltverband empfiehlt, allen sieben nominierten russischen Spielern das Startrecht für Rio zu erteilen. Das teilte die ITF am Sonntag mit. "Die sieben russischen Nominierten sind Teil eines rigorosen Anti-Doping-Programms außerhalb ihres Landes", schrieb die ITF und verwies auf insgesamt 205 Blut- und Urinkontrollen seit 2014: "Wir glauben, dass saubere Sportler das Recht haben, in Rio anzutreten." Unter anderem gehört die zweimalige Grand-Slam-Siegerin Swetlana Kusnezowa, ehemals Nummer zwei der Welt, zum Aufgebot.
"Jede Gelegenheit genutzt, die Athleten zu kontrollieren"
Auch der Judo-Weltverband wird keine russischen Athleten von den Sommerspielen ausschließen. In einer Mitteilung unter dem Motto "Der saubere Weg nach Rio" verwies die IJF auf ihre "globale Anti-Doping-Strategie" - 84 Prozent aller für Olympia qualifizierten Athleten seien bis vergangenen Dienstag im Training oder Wettkampf getestet worden. "Es wurde jede Gelegenheit genutzt, die Athleten zu kontrollieren", teilte der Verband mit.
Drei Tage zuvor hatte bereits IJF-Präsident Marius Vizer, 2015 als Präsident aller Sport-Weltverbände (SportAccord) zurückgetreten, den "sauberen russischen Athleten" seine Unterstützung zugesichert: "Wir hoffen, dass sie dabei sein dürfen. Russland ist für das Judo sehr wichtig." Der russische Staatspräsident Wladimir Putin, einst selbst Judoka, ist IJF-Ehrenpräsident.
Auch die drei nominierten Bogenschützinnen dürfen starten. Tujana Daschidorschjewa, Xenia Perowa und Inna Stepanowa erfüllten die Kriterien des IOC, teilte der WA mit, sie seien intensiv getestet worden. Keine der drei Athletinnen war schon einmal wegen Dopings gesperrt.