(Seite 3 von 3)
Spiegel-Online-Journalist Rafael Buschmann hat sofort nach Bekanntwerden des Urteils gegen Dresden per Twitter den Zusammenhang hergestellt, dass der DFB genau die "Kollektivstrafen", die die DFL im Bemühen um Dialog mit den Fans vermeiden will, durchsetzt. Das verweist auf eine Sollbruchstelle der Konversation zwischen den verschiedenen Lagern. Denn die immer wiederholten und zugespitzten Forderungen nach Konsequenz tun stets so, als würden die Vereine nichts oder viel zu wenig für die Sicherheit tun und als würden sich die Fans mit den Gewalttätern "solidarisieren".
Dabei richtet sich der Protest der Fans, der in der Schweigeaktion 12:12 seine breite Unterstützung in der Fanszene demonstriert hat, im Wesentlichen nicht gegen das Vorgehen gegen Gewalttaten oder Straftaten im Umfeld des Fußballs. Er richtet sich dagegen, dass man gegen Fußballfans mit Maßnahmen vorgeht, die rechtsstaatlichen Grundprinzipien widersprechen - wie etwa Stadionverboten, die auf Grundlage des Hausrechts von Clubs ausgesprochen werden, um Fans ohne die Möglichkeit, sich öffentlich zu verteidigen, auf Jahre hinaus das Recht zu entziehen, ihren Club im Stadion sehen zu können.
Dagegen kann man sein, ohne alle "Stadionverbotler" für unschuldig Verfolgte zu halten. Man kann einfach dafür sein, dass einem, nur, weil man Fußballfan ist, nicht die Unschuldsvermutung vorenthalten werden darf. Die an die DFL von Seiten der Politik vorgetragenen Forderungen schwanken aber zwischen vager Banalität ("endlich durchgreifen") und der konkreten Erwartung, eben diese Unschuldsvermutung umzudrehen: Etwa mit der Forderung, die Fans müssten sich "von den Gewalttätern klar distanzieren".
Damit sind erstens nicht immer echte "Gewalttäter" gemeint, sondern oft Leute, die Pyrotechnik verwenden (was keine Straftat ist, sondern eine Ordnungswidrigkeit), und zweitens muss ich das als Stadionbesucher nicht. Ich muss auch nicht als Dynamo-Fan verhindern, dass irgendwelche Leute, die sich schwarzgelbe Schals vors Gesicht ziehen, über den Zaun klettern. Es ist gut, wenn die Fanszene es als Kollektiv schafft, Exzesse zu verhindern. Wenn nicht, dann hoffe ich, dass Gewalttäter von den zuständigen Stellen tatsächlich "konsequent" verfolgt werden. Aber ich muss nicht dafür stimmen, dass ich meiner Freiheitsrechte beraubt werde, nur, damit Innenpolitiker besser Wahlkampf machen können.
Da es momentan nicht danach aussieht, dass genau diese Unterscheidung im Bewusstsein der Medienöffentlichkeit ankommt, spricht wenig dafür, dass die mögliche Verabschiedung eines Sicherheitskonzepts am Mittwoch für einen erhofften Durchbruch sorgt. Erst Recht nicht nach dem Ausschluss Dynamo Dresdens.