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Wiederum ungeachtet der Legalität des hier ja sportgerichtlichen Urteils, bei dem niemand seiner Freiheit beraubt wird - auch um den Schutz der breiten Fußballöffentlichkeit kann es nicht gehen, denn dann müsste man Dynamo Dresden ja von allen Wettbewerben ausschließen und nicht nur vom DFB-Pokal, in dem der Club meist nur zwei Spiele bestreitet - anders als die 34 Ligaspiele, bei denen die Fans auch weiterhin ihr befürchtetes Unwesen treiben können.
3) Abschreckungseffekt
Ein drittes mögliches Motiv - und das angesichts der hier offenkundig nicht zutreffenden Aspekte 1) und 2) wohl plausibelste - ist die abschreckende Wirkung, die die Strafe auf Nachahmungstäter haben soll. Der DFB schreckt vor keinen noch so harten Sanktionen zurück, um Fehlverhalten und Gewalt im Umfeld seiner Wettbewerbe zu sanktionieren, so könnte die Botschaft sein. Allerdings war die Aufhebung genau der gleichen Strafe vor einem Jahr mit der expliziten Warnung verbunden worden, im Wiederholungsfalle werde der Ausschluss dann wirklich erfolgen.
Die Konsequenz: Bei erster Gelegenheit randalierten einige Dresdner im Pokal schon wieder. Das ist absurd. Aber es heißt auch, dass an Stelle eines Abschreckungseffekts manche Täter vielleicht gerade durch die Resonanz zu ihren Aktionen angespornt werden. Das ist nicht die Schuld des DFB. Aber es wirft die Frage auf, warum man so eine Strafe ausspricht, wenn man damit das, was man verhindern möchte, gar nicht verhindern kann, und nebenbei noch den Kollateralschaden hinnimmt, einen Club und seine unschuldigen Fans zu bestrafen.
4) Populismus
Begrüßt wurde das Urteil in ersten Reaktionen vor allem von den Parteien, die seit Wochen Druck auf die DFL und ihre Vereine ausüben, ein "hartes" und "konsequentes" Sicherheitskonzept zu verabschieden: den Innenministern der Länder. Uwe Schünemann, Niedersachsens Innenminister, kam diesmal seinem in dieser Hinsicht ähnlich beschlagenen Kollegen Ralf Jäger aus Nordrhein-Westfalen zuvor, indem er das Urteil begrüßte: Die Strafe sei "angesichts der aggressiven Fußball-Chaoten in den Fanreihen von Dynamo Dresden sehr nachvollziehbar. Die Entscheidung zeigt, dass der DFB nicht vor konsequenten Strafen und drastischen Maßnahmen zurückschreckt".
In der Meldung der Deutschen Presse-Agentur, die auch von der Sport Bild ("Denkpause für Dynamos Krawallmacher") abgedruckt wurde, hieß es, der Kronzeuge Klaus-Dieter Dunkel von der "DFB-Kommission Prävention und Sicherheit" habe "die Dynamo-Anhänger schwer belastet" (Formulierung dpa). Die schwere Belastung bestand in dem Zitat, die Dynamo-Fans hätten einen "äußerst aggressiven Eindruck gemacht. Man hat zum Teil hasserfüllte Gesichter gesehen". Hier hat sich der Rechtsstaat endgültig verabschiedet, wenn das Gros der deutschen Medien es für eine schwere Belastung von Verdächtigen hält, dass einige von ihnen böse geguckt haben.
Und um hier den nötigen Einwurf anzubringen: Wir glauben nicht, dass die Dynamo-Fans, von denen der Zeuge spricht, gar nichts getan haben. Wir finden nicht, dass sie "ungeschoren" davon kommen sollten. Wir finden allerdings, dass die Menschen, die sich etwas zu Schulden haben kommen lassen, nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfolgt werden sollten - und niemand anders.