Ratlosigkeit, Erklärungsversuche und halbherzige Durchhalteparolen - die Stimmung bei Borussia Dortmund ist so trist wie es der Tabellenstand fernab der Spitzenplätze vermuten lässt. "Wir befinden uns in der schwierigsten Situation seit Jahren", stellte Sportdirektor Michael Zorc nach dem 1:2 (0:1) beim Aufsteiger 1. FC Köln unverblümt fest und wollte von Saisonzielen nicht mehr reden.
Der Ex-Nationalspieler sprach stattdessen nach fünf Spielen mit nur einem Punktgewinn und insgesamt nur sieben Punkten aus den bisherigen acht Saisonspielen von einer "echten Krise, was soll man sonst noch dazu sagen", und ergänzte: "Das ist alles schwer zu erklären."
Frustriert und konsterniert präsentierte sich BVB-Coach Jürgen Klopp. "Ich muss da jetzt auch erst eine Nacht drüber schlafen, es ist richtig hart gerade", ließ er in einem Interview bei "Sky" wissen, nachdem er vor der jüngsten Pleite vor den Kameras des Pay-TV-Senders sogar über einen Rücktritt sinniert hatte. Wenn er das Gefühl habe, dass er tatsächlich der Störfaktor sei, würde er seinen Platz freimachen, so der 47-Jährige.
"Unser Fußball macht keinen Sinn"
Doch davon ist Klopp derzeit weit entfernt, obwohl er nach dem Abpfiff ernüchtert feststellte: "Wir spielen derzeit einen Fußball, der absolut keinen Sinn macht." Statt des prophezeiten Neustarts nach der Länderspielpause registrierten die BVB-Fans trotz der Rückkehr von Ilkay Gündogan, Marco Reus und Henrich Mchitarjan in die Startelf Stagnation, wenn nicht sogar einen Rückschritt.Klopp analysierte wieder einmal eine hohe Fehlpasssquote, einfache Fehler, "die richtig wehtaten", und er sah einen Nationaltorhüter Roman Weidenfeller, der Köln mit einem eklatanten Patzer zum Siegtreffer durch Simon Zoller (74.) verhalf. "Klar mein Fehler, ich habe mich auch schon bei der Mannschaft entschuldigt", betonte Weidenfeller.
Der Riesenbock des Weltmeisters passte in das Bild des Vizemeisters, dem Konsequenz "in der Defensive und Offensive fehlte," so Zorc, "da muss man mehr erwarten". Man habe es Köln einfach gemacht zu gewinnen: "Sie haben mit Leidenschaft gespielt, und die richtigen Zweikämpfe gewonnen." So wie beim Führungstreffer von Kevin Vogt (40.), dem zwar das 1:1 durch den schwachen Ciro Immobile (48.) folgte, aber keine Steigerung des BVB.
Die Appelle von Klopp, man müsse die Fehler abstellen, "und zwar nicht morgen oder übermorgen, sondern jetzt", bergen vier Tage vor dem dritten Gruppenspiel der Champions League am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky) bei Galatasaray Istanbul, Verzweiflung und Verunsicherung.
Hummels mahnt zur Ruhe
Nur Nationalspieler Mats Hummels, der einen rabenschwarzen Tag erwischte, versuchte den Kopf oben zu halten: "Wenn ich jedoch die Arbeitsbereitschaft sehe, dann ist es nur eine Frage von Spielen, bis wir unsere Form finden. Wie werden jetzt nicht unruhig." Doch die Unruhe ist längst ausgebrochen.Aber auch Hummels ist angesichts des großen Abstands zu den Champions-League-Rängen nachdenklich geworden. "Das wird noch ein harter Kampf in den restlichen 26 Spielen, um die Position erreichen zu können, die wir erreichen wollen."
Die derzeitigen Vorstellungen mit anhaltendem Abwehrchaos und harmloser Offensive, gepaart mit Konzentrationsmängeln entsprechen derzeit dem unteren Tabellen-Mittelmaß. "Wir müssen schnellstens sehen, dass wir da unten rauskommen", forderte Zorc.
Am Ende eines tristen Samstags in der Karnevals-Hochburg Köln stellte der BVB-Sportdirektor treffend fest: "Das Comeback von Ilkay Gündogan war das Positivste heute." Der genesene Nationalspieler stand nach 430 Tagen erstmals wieder auf einem Bundesliga-Rasen.
Den Kölnern war's egal. Sie feierten den zweiten Saisonsieg und die ersten Heimtore wie eine Befreiung. "Der Sieg war wichtig, weil wir uns in den vergangenen Wochen schon positiv präsentiert haben", so FC-Coach Peter Stöger mit Blick auf das Gastspiel am Freitag beim Tabellenschlusslicht Werder Bremen.