Für Frankreich geht es bei der WM in Brasilien auch um eine Imagepolitur. Die peinlichen Querelen aus Südafrika sind noch in guter Erinnerung.
Franck Ribéry sind die Eindrücke noch präsent, wie sich Frankreich vor den Augen aller Welt bis auf die Knochen blamierte. Der Spielerstreik bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika, die Empörung in der Heimat - die Equipe Tricolore hatte damals jeden Kredit verspielt. "Wir müssen das mit einer guten WM wieder vergessen machen und ein gutes Image schaffen", sagt Ribéry mit Blick auf das Turnier in Brasilien im kommenden Sommer.
Der Superstar von Bayern München gehörte unter den Rebellen zu den Rädelsführern und verlor in der Grande Nation reichlich an Sympathien. War Ribéry in seiner deutschen Wahlheimat der Publikumsliebling, blieb ihm zu Hause fortan die Rolle des ungeliebten Sohnes. "Ein bisschen schwierig und komisch" sei das für ihn gewesen, gab er zu.
Wie zerbrechlich sein Status nach wie vor ist, zeigten die Play-off-Spiele gegen die Ukraine. Nach dem 0:2 im Hinspiel in Kiew wurde Ribéry sofort zum Sündenbock gestempelt, obwohl auch etliche andere versagt hatten. Frankreich nach 20 Jahren wieder einmal nicht bei der WM? Ein undenkbares Szenario.
Umso erleichterter war der 30-Jährige, dass unter seiner tatkräftigen Mithilfe eine neue Blamage mit dem 3:0 in Paris noch vermieden wurde. "Es gab Augenblicke, in denen wir unendlich gelitten haben. Das ist ein Sieg, den wir nie vergessen werden", sagte Europas Fußballer des Jahres, nachdem die entscheidende Hürde genommen war.
Für den französischen Verband FFF war die Begeisterung über die 15. WM-Teilnahme Grund genug, Trainer Didier Deschamps den Rücken zu stärken. Der Kapitän der Weltmeister-Elf von 1998 soll seine Arbeit bis zur Heim-EM 2016 fortführen. Vom 45-Jährigen wird erwartet, das enorme Potenzial abzurufen und auf allerhöchstem Niveau zu stabilisieren.
"Wir schaffen es oft nicht, über einen längeren Zeitraum den Willen und die Einstellung auf hoher Qualität zu halten. Wenn wir das aber schaffen, haben wir eine wettbewerbsfähige, kampfstarke Mannschaft", sagt er. Denn über die Veranlagung der französischen Fußballer gab es nie Zweifel, es waren eigentlich immer Nebengeräusche, die seit dem EM-Titel 2000 weiteren Erfolgen im Weg standen.
Auch deshalb geht es für Les Bleus, die nur in Lostopf 3 zu finden sind und deshalb Gegner wie Rekordweltmeister Brasilien oder Italien befürchten müssen, am Zuckerhut nicht nur sportlich um viel. Demonstrativ rief FFF-Präsident Noel Le Graet nach der geglückten Qualifikation auch in Erinnerung an die einst vertane Zuneigung zu vorbehaltloser Unterstützung auf. "Eine Erfolgsstory schreibt sich nur bei gegenseitiger Verbundenheit. Liebt diese Mannschaft!"
Von Liebe war in Südafrika nichts mehr zu spüren gewesen. Schon die Ouvertüre war pikant, als nur dank eines nicht geahndeten Handspiels von Thierry Henry die Qualifikation gelang. In der WM-Vorrunde kam dann das Aus - und der Tiefpunkt war erreicht, als nach dem Rauswurf von Nicolas Anelka die Spieler gegen Trainer Raymond Domenech revoltierten. Frankreich hätte seine Nationalspieler am liebsten aus dem Land gejagt. "Diese Narbe wird ewig bleiben", sagte Laurent Blanc, Vorgänger von Deschamps, der inzwischen Paris St. Germain betreut.
Nun sollen alle Kräfte gebündelt werden, das Talent von Karim Benzema, Samir Nasri, Raphaël Varane oder Paul Pogba soll sich voll entfalten. Wenn es nach Kaiser Franz Beckenbauer geht, ist in Brasilien definitiv mit den Franzosen zu rechnen: "Und zwar, weil's den Ribéry haben."