Tony Martin und Marcel Kittel hatten ihr Trikot weit aufgerissen, nassgeschwitzt und mit hochrotem Kopf fielen sich die deutschen Radprofis nach der erfolgreichen Hitzeschlacht in der Wüste mit letzter Kraft um den Hals: Das deutsche Top-Duo hat den Quick-Step-Express mit einer mustergültigen Leistung zu Gold im WM-Mannschaftszeitfahren geführt.
Kittel sagte nach dem Rennen: "Die vergangenen Jahre ist es immer sehr eng gewesen, aber heute haben wir wirklich überlegen gewonnen, vor allem gegen den Erzrivalen BMC. Das ist für alle im Team eine Genugtuung."
Zum Auftakt der Straßenrad-WM im Emirat Katar gewannen Martin und Kittel am Sonntag mit der belgischen Equipe vor dem großen Rivalen BMC Racing und Orica-BikeExchange. Für Etixx und Martin war es der dritte WM-Sieg, Kittel hatte bei den Triumphen 2012 und 2013 noch bei einem anderen Team unter Vertrag gestanden.
Für Martin war es auch ein sehr emotionales Rennen. Sein Abschied von der belgischen Equipe steht bevor: "Für mich ist es das letzte Rennen im Etixx-Trikot. Das ist sehr emotional für mich, ich wusste, das ist die letzte Chance, nochmal mit dem Team Weltmeister zu werden. Ich bin wirklich sprachlos."
Die beiden deutschen Top-Fahrer überquerten den Zielstrich nach 40 km Seite an Seite in 42:32 Minuten. Titelverteidiger BMC Racing, der nach den Siegen 2014 und 2015 den Titel-Hattrick verpasste, hatte nach einem Leistungseinbruch im letzten Renndrittel einen Rückstand von elf Sekunden.
Temperaturen um die 35 Grad
Für Martin war das Rennen nicht nur aufgrund des Triumphes, sondern auch angesichts der hohen Temperaturen von rund 35 Grad Celsius eine ideale Generalprobe für die nächste Medaillenmission im Einzelzeitfahren am Mittwoch. Martin, der sich schon beim Rollentraining im Badezimmer auf die Hitze eingestellt und vor einem Heizlüfter die Extrembedingungen simuliert hatte, bestimmte auf der topfebenen Strecke mit feinem Tempogefühl den Rhythmus seiner Mannschaft.
Bereits nach der ersten Zeitmessung lag Etixx knapp vor BMC, dennoch geriet die WM-Revanche zwischenzeitlich noch zur Zitterpartie. Lediglich sieben Hundertstelsekunden trennten beide Mannschaften zur Rennhälfte, letztlich hatten die Belgier das bessere Ende aber für sich.
Für Martin war der Erfolg auch der krönende Abschluss der wohl prägendsten Phase seiner Karriere. Der 31-Jährige fährt im fünften Jahr für Etixx-Quick Step, dort hatte er seine bislang erfolgreichste Zeit. Zur neuen Saison trennen sich die Wege jedoch - der Wahl-Schweizer Martin schließt sich für die nächsten beiden Jahre der umstrittenen Equipe Katjuscha an.
Einen ungewohnten Verlauf nahm die Siegerehrung der Frauen für Lisa Brennauer (Kempten), Trixi Worrack (Cottbus) und Mieke Kröger (Bielefeld). Mit dem Team Canyon-SRAM, das den Wettbewerb seit der Einführung im Jahr 2012 stets gewann, belegte das Trio nach 40 km hinter der Mannschaft Boels Dolmans aus den Niederlanden den zweiten Platz (+ 0:48 Minuten). In den vier Jahren zuvor hatte die Mannschaft in wechselnder Besetzung und unter den Namen Specialized-Lululemon und Velocio-SRAM triumphiert.
Dritter in Doha wurde das Team Cervelo Bigla (+ 1:56,47 Minuten) mit den Deutschen Lisa Klein (Saarbrücken) und Stephanie Pohl (Cottbus).