Kurz vor der wegweisenden Mitgliederversammlung sorgen Verbindlichkeiten in neunstelliger Höhe für Negativschlagzeilen beim finanziell angeschlagenen Hamburger SV.
100 Millionen Euro Verbindlichkeiten - die Finanzkrise beim klammen Hamburger SV hat Dimensionen erreicht, die man in der Hansestadt sonst nur vom Bau der Elbphilharmonie kennt. Wenige Tage vor der richtungweisenden Mitgliederversammlung am 19. Januar sorgen die neuen Zahlen im Norden für helle Aufregung. Während der Klub in seinen Schulden zu versinken droht, bietet sich der streitbare Investor Klaus-Michael Kühne erneut als Retter an.
Eine überteuerte Mannschaft, neue Schulden bei der Bank und die sportliche Erfolglosigkeit der vergangenen Jahre: Zum Ende des Geschäftsjahres weist die HSV-Bilanz nach übereinstimmenden Berichten Verbindlichkeiten in Höhe von 99,6 Millionen Euro aus. Doch ungeachtet der Negativzahlen der letzten Jahre (2010/11: 4,9 Millionen Euro Minus, 2011/12: 6,6 Millionen Euro Minus, 2012/13: 9,8 Millionen Euro Minus) streben die Vereinsverantwortlichen für das aktuelle Geschäftsjahr nach wie vor die schwarze Null an. Die Liquidität sei gesichert, Auflagen habe der Verein im Lizenzierungsverfahren der DFL nicht erhalten.
Und dennoch hat Vorstandschef Carl Jarchow zurzeit alle Hände voll zu tun, die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen. "Das Wort bedrohlich trifft nicht zu. Die Finanzlage ist so, dass wir unserer Maßgabe folgen und in den nächsten Jahren ein ausgeglichenes Ergebnis schaffen müssen", sagte Jarchow der Bild-Zeitung. In diesem Geschäftsjahr sei man auf einem guten Weg.
Alarmierende Bilanz durch hausgemachte Probleme
Und doch machen sich viele Fans und Beobachter große Sorgen um den Bundesliga-Dino. Die Zahlen sind alarmierend. Große Teile der Fan-Anleihe in Höhe von 17,5 Millionen Euro für den Bau eines Nachwuchszentrums wurden angeblich bereits zum Stopfen der Löcher benutzt, zudem soll Vermarkter Sportfive als Gegenleistung für die Vertragsverlängerung auf die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 12,4 Millionen Euro verzichtet haben.
Die Finanzkrise ist hausgemacht. Viermal in Folge verpassten die Hamburger zuletzt die Qualifikation für den Europacup - und damit dringend benötigte Zusatzeinnahmen, um ihren Luxuskader zu finanzieren. Die momentanen Gehaltskosten liegen mit kolportierten 45 Millionen Euro deutlich höher als angestrebt (40). "Das ist unser Hauptproblem", sagte Jarchow. Ladenhüter wie Robert Tesche, Michael Mancienne, Slobodan Rajkovic und Gojko Kacar sind noch immer nicht verkauft.
Investor Kühne will helfen, stellt aber Bedingungen
In größter Not hat nun erneut Edelfan Kühne seine Unterstützung angeboten. Seine finanzielle Hilfe knüpft der schwerreiche Logistik-Unternehmer, der mit seinen Millionen bereits den Transfer von Rafael van der Vaart im Spätsommer 2012 maßgeblich mitfinanzierte, allerdings an die Bedingung, dass die Strukturreform "HSVPlus - Aufstellen für Europa" umgesetzt wird. Die Initiative des ehemaligen HSV-Aufsichtsratsvorsitzenden Ernst-Otto Rieckhoff, die die Umwandlung der Profi-Abteilung in eine Aktiengesellschaft vorsieht, bezeichnet Kühne als "beste Alternative zur bisherigen Vereinsstruktur".
"Ich kann mir vorstellen, dieses Konzept als strategischer Partner in größerem Umfang zu unterstützen", sagte der 76 Jahre alte Milliardär. Damit positionierte sich Kühne vor der Mitgliederversammlung am übernächsten Sonntag klar. Ihm sei wichtig, "dass der Verein wesentlich besser geführt wird. Er befindet sich in einer Negativspirale, die nur durch fundamentale Änderungen in der Grundstruktur und einhergehend mit der Neubesetzung wichtiger Schlüsselfunktionen in der Vereinsführung durchbrochen werden kann."