Im Kampf um die Macht in der Königsklasse wird Bernie Ecclestone vom neuen Formel-1-Boss öffentlich angezählt: Die "Diktatur" des Briten soll ein Ende haben.
Chase Carey ist noch gar nicht richtig im Amt, doch das Ende der Ära von Bernie Ecclestone als Alleinherrscher hat der designierte Vorsitzende der Formel-1-Gruppe schon einmal eingeläutet. Nein, eine "Diktatur" werde es unter ihm in Zukunft nicht mehr geben, sagte Carey am Rande des Grand Prix von Singapur: "Auch wenn das hier alle wohl gewohnt sind."
So offen wie Carey hat schon lange niemand mehr den großen kleinen "Mr. E" herausgefordert. Wenn der Verkauf der Formel 1 an Liberty Media endgültig über die Bühne gegangen ist, werde sich die Führungsstruktur innerhalb des PS-Zirkus grundlegend ändern. Der Erfolg eines Unternehmens basiere auf erfolgreicher Führung, die "versteht, was alle Parteien wollen", sagte Harvard-Absolvent Carey, es müssten auch mal "Kompromisse gemacht werden".
Ecclestone nicht für Kompromisse bekannt
Nun ist Ecclestone für Vieles bekannt, aber nicht für Kompromisse. Der Zampano regierte sein Reich bisher nach eigenen Gesetzen, machte, was er wollte und spielte die Teams zu seinem Vorteil gegeneinander aus. Das Prinzip Ecclestone ging lange gut, weil das Geschäft brummte und alle viel Geld machten. Doch die Zeiten sind vorbei.
Carey, der Mann mit dem altmodischen Zwirbelbart, will die Formel 1 in die Zukunft führen, auf eine "neue Ebene" heben, die Digitalisierung vorantreiben. Ecclestone will, das alles so bleibt, wie es ist. Kaum vorstellbar, dass sich der bald 86 Jahre alte Milliardär einem Chef Carey unterordnen wird - auch wenn alle davon sprechen, dass der Brite einen neuen Dreijahresvertrag bekommen soll.
Formel 1 wendet sich gegen Besitzer
Auch die Formel-1-Familie wendet sich von ihrem Paten ab, hinter vorgehaltener Hand wird schon lange gelästert, Ecclestone sei zu alt für den Job. In Singapur begrüßten Teams und Fahrer auffallend positiv die Pläne von Liberty Media - der US-Unterhaltungskonzern zahlt am Ende wohl rund 8,5 Milliarden Dollar für die Übernahme.
"Ich sehe mehr Chancen als Risiken", sagte etwa Red-Bull-Teamchef Christian Horner: "Ich kann nicht glauben, dass ein Unternehmen wie Liberty die Formel 1 zu solch einem Wert kauft, wenn sie nicht einen langfristigen Plan hätten." Und Carlos Sainz jr. von Toro Rosso meinte lapidar: "Es kann eigentlich nur besser werden."
Die Kultur in der Formel 1 wird sich auf jeden Fall ändern. Carey versicherte, nicht am schnellen Profit interessiert zu sein. Er habe "langfristige Visionen", sagte der 62-Jährige. Man könne zwar nicht immer alle glücklich machen, aber man müsse "verstehen, was alle wollen und dann einen Weg finden", sagte er. Das Ende von Ecclestones "Diktatur" ist eingeläutet.