Auf Angelique Kerber ruhen am Wochenende im Fed-Cup-Halbfinale gegen Gastgeber Australien große Hoffnungen. Der Titelgewinn wäre für die deutsche Nummer eins das Allergrößte.
Am Anfang der Mission Finale war Disziplin gefragt. Nach einem 26-stündigen Höllenritt ans andere Ende der Welt und einem nur vierstündigen Nickerchen im Hotel stand Angelique Kerber am Montag zusammen mit ihren Teamkolleginnen schon auf dem Hartplatz der Pat-Rafter-Arena in Brisbane. Quälen war angesagt für den großen Traum vom ersten Fed-Cup-Finaleinzug seit 1992, der am Wochenende mit einem Sieg gegen Gastgeber Australien perfekt gemacht werden soll.
Kerber könnte als deutsche Nummer eins die Schlüsselrolle in dem Halbfinal-Duell mit Samantha Stosur und Co. spielen. Geht es nach der Weltranglistensiebten, dann soll Queensland allerdings nur eine Zwischenstation auf dem Weg zur ultimativen Krönung sein. "Es wäre das Allergrößte, mit diesem tollen Team den Fed Cup zu gewinnen", sagte Kerber dem "Sport-Informations-Dienst": "In 20, 30 Jahren meinen Kindern zu erzählen, dass ich diesen Titel geholt habe, das wäre schon etwas ganz Besonderes."
"Stufe höher einzuordnen als ein normales Turnier"
Seit dem Viertelfinalsieg im Februar in der Slowakei (3:1) scheint die 26-Jährige nach einigen bitteren Erfahrungen in den letzten Jahren endgültig angekommen zu sein im bedeutendsten Mannschafts-Wettbewerb der Tennisspielerinnen. Bei ihren beiden Einzelerfolgen im Hexenkessel von Bratislava konnte Kerber erstmals so richtig den Geist des Fed Cups genießen, der ihr so viel gibt.
"Das ist in punkto Emotionen eine Stufe höher einzuordnen als ein normales Turnier. Er kitzelt die letzten Prozente aus dir heraus. Die ganze Box ist voll, jeder springt bei einem Punktgewinn auf", berichtete die Linkshänderin und schwärmte: "Da entsteht eine unglaubliche Energie, das pusht mich einfach enorm."
Teamgeist als Trumpf
Der Teamgeist soll in Brisbane zum Trumpf des Quartetts von Bundestrainerin Barbara Rittner werden, die auf die Nominierung der formschwachen Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki (Berlin) verzichtete. Stattdessen soll am Samstag (3.00 Uhr MESZ) und Sonntag (3.45/live bei Sat1 Gold und tennis.de) erneut die frischgebackene Charleston-Siegerin Andrea Petkovic ("Wir sind reif für den Titel") als zweite Einzelspielerin agieren.
Für das Doppel sind Julia Görges (Bad Oldesloe) und Anna-Lena Grönefeld (Nordhorn) vorgesehen. Es ist die Erfolgs-Equipe von Bratislava, die in Australien in die Fußstapfen von Steffi Graf und Co. treten will. "Wir haben viel Selbstvertrauen. Jeder weiß, wie der andere tickt, alles ist eingespielt. Das ist eine unserer großen Stärken", erklärte Kerber und beziffert die Chancen auf "50:50". Vom Ranking ist die deutsche Mannschaft Favorit - die seit 1974 auf ihren achten Titel wartenden Australierinnen setzen den Heimvorteil dagegen.
"Brisbane gutes Pflaster"
Brisbane ist ein gutes Pflaster für Kerber. Zweimal stand sie in Queensland bereits im Viertelfinale, ihre Fed-Cup-Bilanz auf Hardcourt lautet 3:0. "Angie hat sich in Sachen Konstanz nochmal verbessert und brennt auf die Matches", sagte Rittner über ihre Nummer eins, die auf der Tour eine bislang durchwachsene Saison spielt.
Gegen die einstige US-Open-Siegerin Stosur (WTA-Rang 19) hat Kerber allerdings noch mehr als eine Rechnung offen. Vor zwei Jahren verlor sie im Fed-Cup-Erstrundenduell in Stuttgart gegen die in Brisbane geborene Stosur, die Kerber im Jahr zuvor auch im Halbfinale von Flushing Meadows bezwungen hatte. Die Kielerin warnt auch vor der australischen Nummer zwei Casey Dellacqua (WTA-Rang 53), die bei den diesjährigen Australian Open das Achtelfinale erreichte. Das Gastgeber-Doppel Dellacqua/Ashleigh Barty stand zudem 2013 in drei der vier Grand-Slam-Finals.
Trotz der Terminhatz hat Kerber nie mit dem Gedanken gespielt, ihre Teilnahme am Halbfinale abzusagen - dabei beginnt bereits einen Tag nach dem letzten Ballwechsel in Brisbane das Turnier in Stuttgart (21. bis 27. April). "Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich spiele, weil der Fed Cup für mich einfach wichtig ist", sagte sie - und träumt vom Titel 2014.