Es herrschte erhebliche Unruhe im Palacio de la Zarzuela. In den Rokoko-Palast an den Hügeln von El Pardo nördlich von Madrid, wo König Felipe und Königin Letizia von Spanien ihre Töchter großziehen, flatterte eine Beschwerde des FC Sevilla, und sie war deutlich.
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"Es sollte nicht unsere Sünde sein, dass wir nun ein Jahrzehnt lang für die Flagge Spaniens gekämpft haben! Der König sollte zu unserem Finale kommen. Denn es geht um Sevilla, Andalusien und ganz Spanien", so forderte es Klub-Präsident Jose Castro in der Radio-Show "El Pelotazo". Allein: Don Felipe wird nicht kommen.
Denn der König, Anhänger von Atletico Madrid, ist unabkömmlich. Am Mittwoch, wenn Sevillas Europa-League-Experten in Basel gegen den FC Liverpool den Titel-Hattrick feiern wollen, wird "El Rey" in Talavera den dritten offiziellen Termin des Tages absolvieren. Er begleitet das Gedenken zum 400. Todestag des Nationaldichters Miguel de Cervantes, Autor des Don Quijote. Immerhin: Der abgedankte König Juan Carlos, Fan von Real Madrid, wurde nun zum Jubeln abgestellt.
Der Titel-Hattrick winkt
"Wir wohnen im Süden, auch da gibt es Fernseher", betonte Castro bissig. "Wir haben gesehen, dass der König beide Champions-League-Halbfinals besucht hat." Auch das familieninterne Finale zwischen Atlético und Real wird er sich wohl kaum entgehen lassen. Aber: Es ist ja auch die Königsklasse!
Der FC Sevilla hat sich hingegen erfolgreich auf "seine" Europa League spezialisiert, seit 2006 stand der Klub viermal im Endspiel und gewann viermal, darunter 2014 und 2015. Es ist wohl das Maximum dessen, was sich erreichen lässt, wenn ein Verein in Spanien nicht zu den großen Drei gehört.
Geringer geschätzt fühlen sich die Andalusier dadurch, das zeigte ja der Aufruhr, aber keineswegs weniger stolz. Im Gegenteil, sie haben sich den kleinen Europapokal zu eigen gemacht, auch in dieser Saison, in der sie aus der Champions-League-Gruppe von Borussia Mönchengladbach abstiegen. "Wir Sevillistas spüren etwas Besonderes in diesem Wettbewerb, er hat uns viel gegeben, wir leben ihn mit Begeisterung", sagte Trainer Unai Emery, der reif für eine größere Aufgabe wäre. Das Duell mit Liverpool und Jürgen Klopp (20.45 Uhr im LIVETICKER)? "Völlig offen."
Ein Anruf zum Titel
Doch nicht nur der Trainer ist begehrt. Stürmer Kevin Gameiro (17 Saisontore) ist der herausragende Mann im Kollektiv, was aber nicht mal für einen Platz in Frankreichs vorläufigem EM-Kader genügte. Aber: Gameiro soll sich mit dem FC Barcelona, Gegner im Pokalfinale am 22. Mai, über einen Wechsel einig sein.
Und dies trotz eines Tweets vom 28. Mai 2015: Sein Sohn und seine Gattin knieten an diesem Tag in Warschau mit ihm neben dem klotzig-hässlichen Europa-League-Pokal, Gameiro schrieb: "Sevilla hasta la muerte!" Bis zum Tod. Nun ja.
An jenem 28. Mai, das muss selbst Jose Castro einräumen, kümmerte sich auch der König um den FC Sevilla. Don Felipe rief unmittelbar nach dem Abpfiff an, um seine Glückwünsche zu übermitteln. Aber das, so werden die stolzen Sevillanos sagen, war ja letztes Jahr.