Die Rechnung ist einfach. Mit einem Sieg ist Marc Marquez durch, egal was hinter ihm passiert. Und es gibt neben dem schnellsten Weg zum Ziel noch eine ganze Menge andere Varianten. Der Spanier beschäftigt sich damit aber eher am Rande. "Mir ist klar, dass ich in Japan die erste Chance habe, Weltmeister zu werden. Aber ich möchte versuchen, nicht zu viel darüber nachzudenken", sagt der MotoGP-Überflieger.
Marquez kann schon vier Runden vor Schluss alles klar machen. Anders als im vergangenen Jahr, als der Neuling den Titel erst im letzten Saisonlauf holte, ist der Vorsprung in diesem Jahr riesig. Mit elf Siegen in den ersten zwölf Rennen hat sich der 21-Jährige so weit abgesetzt, dass die Konkurrenz längst aufgegeben hat.
Schon seit Wochen stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern nur noch wann Marquez Weltmeister wird. Er hätte es gerne vor zwei Wochen in Aragon geschafft, also zu Hause, doch es wurde nichts. Weil er im vorherigen Rennen in San Marino ausnahmsweise gepatzt und nur ein Pünktchen geholt hatte.
WM-Titel beim Honda-Heimspiel möglich
Er kann es verkraften. Marquez, im Vorjahr jüngster Weltmeister der Königsklasse (20 Jahre, 266 Tage) bekommt am Sonntag (07.00 Uhr) erneut die Gelegenheit, für einen besonderen Moment sorgen. Der Katalane wäre klassenübergreifend der erste Honda-Pilot, der auf der vom Hersteller gebauten Hausstrecke Weltmeister wird.
"Es wäre großartig, den Titel auf Hondas heimischem Boden zu holen", sagt Marquez. Nach dem 15. von 18 Läufen muss der Spitzenreiter 75 Punkte vor seinen Konkurrenten liegen, um uneinholbar zu sein. Mit 292 Zählern führt der Titelverteidiger klar vor seinem Landsmann und Teamkollegen Dani Pedrosa (217), dem Italiener Valentino Rossi (214) sowie Jorge Lorenzo (202/Spanien/beide Yamaha).
Marquez, Champion von 2010 (125er), 2012 (Moto2) und 2013 (MotoGP), benötigt für den vierten Titel nicht unbedingt einen Sieg. Er muss vor Pedrosa bleiben, darf höchstens drei Punkte weniger als Rossi und 15 Punkte weniger als Lorenzo holen. Platz zwei oder drei reichen auch, wenn Pedrosa und Rossi jeweils hinter ihm bleiben.
Zuletzt hat der Überflieger tatsächlich etwas geschwächelt, nachdem er zuvor noch von Sieg zu Sieg gehetzt war. In Tschechien fuhr er als Vierter erstmals am Podium vorbei, in Misano wurde er nach einem Sturz 15., in Aragón dann Opfer seines Übermuts.
"Es war eine schwierige Situation, aber wir haben eine wertvolle Lektion gelernt", sagt das Ausnahmetalent. In der Schlussphase des Rennens hatte es einen Wolkenbruch gegeben, die Piloten wechselten nach und nach auf Maschinen mit Regenreifen. Doch Marquez ging Risiko, und verlor. Als Führender blieb er auf Slicks, stürzte und wurde 13. Der über Monate geradezu unschlagbare Márquez leistete sich den ersten richtig dicken Fehler.
Dass er beim Griff nach der WM-Krone wieder Nerven zeigt, ist nicht zu erwarten. Zu souverän, zu konzentriert, zu schnell ist der kleine Spanier in diesem Jahr unterwegs. Im Vorjahr wurde er auf dem Twin Ring hinter Lorenzo Zweiter, Marquez wird nicht alles daran setzen, den Grand Prix diesmal zu gewinnen. Muss er ja auch nicht.