IAAF-Präsident Sebastian Coe gerät durch den zweiten Bericht der unabhängigen WADA-Kommission weiter unter Druck. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass es "keine Möglichkeit" gebe, dass das IAAF-Council nichts von den verdächtigen Vorgängen rund um positive Dopingproben russischer Leichtathleten gewusst habe. "Es ist unglaubwürdig, dass gewählte Offizielle nichts von der Situation in der russischen Leichtathletik mitbekommen haben", heißt es in dem Bericht.
Coe gehört seit 2003 dem Council des Leichtathletik-Weltverbandes an, von 2007 an war er Vizepräsident. Der ehemalige Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Helmut Digel, saß von 1995 bis 2015 im höchsten Führungsgremium der IAAF.
Zudem stellt der Bericht fest, dass Korruption "in der Organisation verwurzelt" gewesen sei. Für die Vorgänge könne "keine kleine Zahl von Tätern verantwortlich gemacht werden". Noch am Montag hatte die IAAF in einer Stellungnahme erklärt, es habe keine systematische Korruption gegeben.
Untersuchungen gegen Diack und Sohn
Auch Coe hatte am Mittwoch Vertuschungsvorwürfe gegen seinen Verband zurückgewiesen. "Die Sache ist einfach: Wurden alle Unregelmäßigkeiten verfolgt? Die Antwort lautet: Ja. Wurden Strafen verhängt und publik gemacht? Ja. Wurde etwas vertuscht? Nein", hatte Coe in Fernsehinterviews erklärt.
Im ersten Teil hatte das Gremium massive Dopingverfehlungen in der russischen Leichtathletik festgestellt, unter anderem wurde daraufhin der russische Verband ARAF aus der IAAF ausgeschlossen. Den russischen Leichtathleten droht damit das Aus für Olympia in Rio.
Gegen den ehemaligen IAAF-Präsidenten Lamine Diack und weitere Beschuldigte läuft in Frankreich ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Geldwäsche. Die Ethikkommission des Verbandes sperrte in der vergangenen Woche Diacks Sohn Papa Massata, den ehemaligen IAAF-Schatzmeister und russischen Leichtathletik-Präsidenten Walentin Balachnitschew sowie den ehemaligen russischen Cheftrainer Alexej Melnikow lebenslang. Gabriel Dolle, ehemaliger Leiter der Anti-Doping-Abteilung der IAAF, wurde für fünf Jahre gesperrt.