Vor der Ausstrahlung der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping, im Schattenreich der Leichtathletik" hat der Weltverband IAAF offenbar massiv Druck auf die Urheber der Enthüllungen ausgeübt. "Wir haben auch vor diesem Film wieder ein Schreiben der Anwälte der IAAF bekommen. Wir sollten unterschreiben, dass wir bestimmte Informationen nicht öffentlich machen. Das ist der völlig falsche Weg", sagte Hajo Seppelt, verantwortlicher Redakteur des Films, im Gespräch mit dem Internetportal spox.com.
"Anstatt dass die IAAF darüber nachdenkt, ob sie das Gespräch sucht, ob sie für mehr Transparenz sorgt, verschanzt sie sich", sagte Seppelt: "Wir haben monatelang versucht, Fernsehinterviews mit dem Präsidenten zu bekommen. Die sind nie zustande gekommen."
Seppelt glaubt nicht daran, dass die IAAF an einer wirklichen Aufklärung interessiert ist. "So lange die Dopingbekämpfung in der Hand derjenigen liegt, die eigentlich den Sport promoten und Geld verdienen wollen, so lange besteht ein klarer Interessenkonflikt", sagte er: "Und der ist nicht lösbar."
Die IAAF meldete sich am Mittwoch ihrerseits zu Wort und bezeichnete die in den Berichten der ARD und der Sunday Times vorgebrachten Vorwürfe als "sensationslüstern und verwirrend". Die Daten, auf denen die Berichte beruhten, stammten demnach nicht aus "geheimen" Dokumenten, die IAAF habe sie im Gegenteil im Rahmen einer detaillierten Analyse im Jahr 2011 veröffentlicht.
Fehlinformationen?
Berichte darüber, dass die IAAF nicht willens sei, die verdächtigen Blutwerte genauer zu untersuchen, seien "schlicht falsch, enttäuschend und basierend auf Fehlinformationen". Im Gegenteil habe die IAAF ihre Datenbank internationaler Athleten verwendet, um "zielgerichtete Trainingskontrollen" durchzuführen.
Die IAAF operiere innerhalb des vorgegebenen Rahmens der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), und in diesem Rahmen sei Verdacht allein noch kein Beweis für Doping.
Seppelt und sein Team hatten unter anderem erneute Doping-Vorwürfe gegen Russland sowie gegen Kenia erhoben. Zudem werteten Experten eine Datenbank des Weltverbandes IAAF mit 12.000 Blutwerten aus und kamen dabei zu dem Schluss, dass es bei einem Siebtel der Proben Hinweise auf Dopingvergehen gebe.
Es sei davon auszugehen, dass jede dritte Medaille bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen in Ausdauerdisziplinen, wo es um Blutdoping geht, im Zeitraum zwischen 2001 und 2012 von Athleten gewonnen wurde, die mit Doping zu tun hatten.