Noch einmal die Akkus aufladen, dann kann die WM kommen: Nicht nur Matchwinnerin Dzsenifer Marozsan war die große Vorfreude auf den Beginn der Titel-Mission anzusehen. "Wir können jetzt mit einem guten Gefühl nach Kanada reisen", sagte die bei der erfolgreichen Generalprobe herausragende Nationalspielerin mit funkelnden Augen.
Mit einem kleinen Trainingsplan als Hausaufgabe im Gepäck reisten Marozsan und Co. am Tag nach dem 3:1 (0:1) in der Schweiz noch einmal nach Hause, um vor dem Abflug am Sonntagvormittag von Frankfurt nach Ottawa Kraft zu schöpfen. "Ich werde jetzt Wäsche waschen, Sachen packen und Zeit mit der Familie und meinem Hund verbringen, um positive Energie zu tanken", sagte Marozsan.
Auch Bundestrainerin Silvia Neid will vor der Abreise eine Woche vor dem Auftakt gegen die Elfenbeinküste am 7. Juni (22.00 Uhr/ZDF) den Kopf freibekommen. "Zwar wegen meines Rückens nicht beim Golf, aber ich werde es mir gutgehen lassen. Zum Friseur gehe ich bestimmt auch noch", sagte Neid. Denn dort wird sie sich im Idealfall erst fünf Wochen später wieder blicken lassen - nach dem WM-Finale in Vancouver am 5. Juli.
Nachdem sie beim Härtetest auf dem WM-Belag Kunstrasen die schwache erste Hälfte ihrer Mannschaft überraschend von der Bank aus verfolgt hatte, sorgte Doppel-Torschützin Marozsan in Baden noch für Furore. "Es mag sein, dass die Trainerin mich ein wenig anstacheln wollte", sagte die 23 Jahre alte Edeltechnikerin zu ihrer ungewohnten Reservistenrolle, "aber ich habe die richtige Antwort gegeben."
"Das ist Trumpf"
Auf ihrer "absoluten Lieblingsposition" überzeugte die Frankfurterin auch die Bundestrainerin, die in der Offensivzentrale zunächst Anja Mittag aufgeboten hatte. Nach einer "furchtbaren" ersten und einer "positiv stimmenden" zweiten Hälfte erfreute die Bundestrainerin vor allem die qualitative Breite ihres Kaders. "Im Turnier muss jede mal ran und ihre Leistung abrufen", betonte die 51-Jährige .
Neids erstes Aufgebot hatte im Esp-Stadion dem aggressiven Schweizer Angriffspressing und dem frühen Rückstand durch Ana-Maria Crnogorcevic (2.) beunruhigend wenig entgegenzusetzen. Erst Marozsan, Melanie Behringer, Lena Lotzen, Sara Däbritz und Pauline Bremer brachten als frische Kräfte gegen nachlassende Schweizerinnen den nötigen Schwung zur Wende durch Simone Laudehr (59.) und Marozsan (64./75.).
Den Luxus, mit solchen Hochkarätern auf der Bank ein Spiel entscheiden zu können, hätte Martina Voss-Tecklenburg auch gern. "Deutschland hat so eine Dichte an tollen Spielerinnen. Das ist ein Trumpf, gerade bei Turnieren", sagte die ehemalige deutsche Nationalspielerin, die die Schweiz als Cheftrainerin erstmals zur WM führte.