Der Grand Prix von Spanien galt früher als langweilig. In diesem Jahr ist alles anders. Mehr Überholmanöver, vier unterschiedliche Sieger und Reifen, die kein Schumi einschätzen kann. Ein Rosberg aber doch? Was Fußballprofis den Formel1-Piloten voraus haben, lesen Sie in unserer Barcelona-Vorschau.
Vor dem Grand Prix von Spanien auf dem Circuit de Catalunya vor den Toren Barcelonas ist die Spannung groß. Die Königsklasse war lange nicht mehr so ausgeglichen und unvorhersehbar: Vier Sieger in den bisherigen vier Rennen, das spricht eine deutliche Sprache.
Vielleicht trägt sich ein fünfter Fahrer in die Analen der noch jungen Saison ein. Lotus zeigte zuletzt einen großartigen Speed. Wir haben alles Wissenswerte über die Strecke, die Reifen, die Neuigkeiten an den Autos und einen Verlgeich zwischen Formel-1-Piloten und Fußballprofis gezogen.
Die Strecke: Barcelona
Den Circuit de Catalunya kennen die Formel 1-Teams so gut wie kaum eine andere Strecke, denn vor dem Saisonstart wurden hier bereits acht Testtage abgespult. Den Teams liegen somit viele Daten für die Strecke vor. Die Einstellungen, gerade in Bezug auf die Abnutzung der Reifen, sollten also leichter fallen. Allerdings gibt es zwei Faktoren, die diese Vorteile einschränken. Im Vergleich zu den Wintertests müssen die Teams mit erhöhten Temperaturen rechnen, hinzu kommen schwer vorhersehbare Windverhältnisse, die ständig wechseln können.
Der Grand-Prix des letzten Jahres hat gezeigt, dass es auf dem Circuit de Catalunya schwierig ist, zu überholen. Am 22. Mai 2011 gewann Sebastian Vettel, obwohl Lewis Hamilton die schnellste Runde fuhr und versucht hatte, am Red Bull vorbei zu kommen. Am Ende trennten die beiden nur sechs Zehntel. Allerdings war das Überholen in Barcelona in den Zeiten vor DRS noch schwieriger.
Durch die neue Reifencharakterisitk gab es bei den ersten vier Rennen dieses Jahres noch mehr Überholmanöver als im DRS-geprägten Durchschnitt der Vorsaison. Eine Kalkulation von Mercedes hat ergeben, das im Schnitt in jedem Rennen dieses Jahres 54 Mal überholt wurde. Im letzten Jahr waren es nur 43 Überholmanövern pro Rennen.
Der Reifenfaktor: Pirelli will mehr Strategie
Michael Schumacher wird in diesem Jahr wohl kein Fan der schwierig einzuschätzenden Pneus mehr. Doch die Reifen haben in Sachen Spannung einen großen Beitrag geleistet. Ob der Beitrag zu groß ist, darüber kann man trefflich streiten.
"Ich finde, dass es für uns Fahrer eine große Herausforderung darstellt", so Nico Rosberg gegenüber CNN.
"Es ist eine interessante Herausforderung - anders, aber interessant. Das Management, das Maximum herauszuholen, zu verstehen, wann man pushen und wann man Tempo rausnehmen muss - das bewegt sich so sehr auf Messers Schneide, dass es gut für den Rennsport ist."
Während Michael Schumacher klagt: "Heute fahren wir wie auf rohen Eiern", ist sein Teamkollege der entgegengesetzen Meiung. "Alles wird durchgemischt, es gibt viele Überholmanöver, viel passiert - das ist doch für alle fantastisch." Für Barcelona hat Reifenhersteller Pirelli erstmals in diesem Jahr zwei sehr verschiedene Mischungen am Start.
Die Teams dürfen zwischen der weichen und der harten Mischung wählen, während die vom Härte- und Haftungsgrad dazwischen liegende Mischung (Medium) nicht angeboten wird. Das soll die Strategie-Möglichkeiten erhöhen. Die Teams müssen sich darauf einstellen, dass durch die vielen schnellen Rechtskurven der Verschließ vor allem den linken Vorderreifen betrifft.
Die Neuigkeiten: Mercedes verspricht Überraschungen
Die Tests in Mugello werden einige Neuerungen und Verbesserungen zu Tage fördern. Im Auspuff-Bereich gab es interessante Neuentwicklungen. Red Bull verzichtete in Mugello auf sichtbare Neuerungen, vielleicht hat Konstrukteur Adrian Newey allerdings dennoch etwas Neues für Spanien im Gepäck. Mercedes hat ebenfalls Neuerungen angekündigt. Zum Beispiel ein Karbongetriebe, das Gewicht sparen soll. Damit nicht genug.
"Wir haben etwas gefunden, einen Parameter, der den Reifenabbau beeinflusst", so Nico Rosberg laut motorsport-total.com. "Das sollte uns in Barcelona helfen. Ich glaube, dass wir die Reifen und die Abstimmung unseres Autos jetzt viel besser verstehen." Auch Fernando Alonso will vor heimischem Publikum einen Schritt nach vorne machen. "Barcelona ist der erste und wichtigste Entwicklungsschritt", so der Spanier laut motorsport-total.com.
Nachtrag: Fußballprofis dürfen kritisch sein,
Formel-1-Piloten halten den Mund
Die ansonsten so tollkühnen Formel 1-Piloten fahren in Sachen politische Meinungsbildung und den Mut zur Meinungsäußerung den Fußballprofis hinterher. Während sich Joachim Löw, Uli Hoeneß, Philipp Lahm und Mario Gomez zur Situation in der Ukraine in zum Teil vorbildlicher Art und Weise äußerten, wollen, dürfen oder können die Formel 1-Piloten dies in Sachen Bahrain oder China nicht.
"Es ist verständlich, dass man von außen fragt, warum nicht mal einer den Mund aufmacht. Aber so etwas ist leichter gesagt als letztendlich getan", verteidigt Nick Heidfeld im Gespräch mit motorsport-total.com dieses Versagen. "Man ist politisch nicht so bewandert, sodass man die Situation dort intensiv analysieren könnte. Ich persönlich gebe nicht gern Kommentare zu Dingen ab, über die ich nicht genau bescheid weiß - gerade bei einer solch heiklen politischen Situation. Wenn ich mich da äußere, dann möchte ich das vernünftig tun. Dazu bin ich aber nicht in der Lage."
Wie viele Stunden die Fahrer auf ihrem Hotelzimmer liegen und im TV oder Internet ihre Zeit verdingen, ist wohl nur zu schätzen. Das ist auch ihr gutes Recht. Dennoch! Allein zwei, vielleicht drei Stunden Internet-Recherche über die Lage im Bahrain reichen vollkommen aus, um zu einem einigermaßen ausagekräftigen Urteil über den Inselstaat zu kommen. Ist das von erwachsenen Menschen wirklich zu viel verlangt?
Es scheint eher, dass den Fahrern mit Problemen durch Sponsoren gedroht wurde. Ansonsten ist ein dermaßen schwächliches Verhalten der Formel 1-Piloten nicht zu verstehen. Es ist in jedem Fall nicht kommentarlos hinnehmbar.
Michel Massing