Mehr geht eigentlich nicht für den deutschen Eishockey-Fan: In der DEL-Finalserie trifft Rekordmeister auf Rekordmeister. Wir gucken vor dem Duell zwischen den Eisbären Berlin und den Adler Mannheim noch einmal genauer hin und präsentieren den finalen Teamcheck.
Es ist das Traumfinale in der DEL: Rekordmeister trifft auf Rekordmeister. Aber nicht nur das. Wenn sich Berlin und Mannheim ab Sonntag im Endspiel gegenüberstehen, dann kämpfen die eindeutig besten Mannschaften der Liga um die Krone im deutschen Eishockey.
Die Torhüter: mehr Big Saves für Freddy
Zwischen den Pfosten der beiden Finalisten stehen mit Berlins Rob Zepp (30) und Mannheims Fred Brathwaite (39) absolute Spitzenleute. Statistisch gesehen ist zwischen den gebürtigen Kanadiern kaum ein Unterschied auszumachen. Die Fangquoten der beiden Schlussmänner sind sowohl in der Hauptrunde (rund 92 Prozent) als auch in den Playoffs (rund 95 Prozent) beinahe identisch.
Einen womöglich entscheidenden Unterschied gibt es dennoch. Oldie Brathwaite ist für seine Fähigkeit zu außergewöhnlichen Paraden bekannt. Die so genannten Big-Saves können gerade in einer Finalserie entscheidend sein. Zepp, der mit den Eisbären bereits drei Meisterschaften feiern konnte, hält zwar alle Pucks, die er halten muss mit außergewöhnlichen Taten glänzt er aber seltener als sein Gegenüber vielleicht ein kleiner Vorteil für Mannheim.
Die Abwehr: flexible Adler
Die Hintermannschaften beider Teams stehen zwar oft kompakt, sind aber keine unüberwindbaren Bollwerke. Den Berlinern fehlt nach dem Abgang von Derrick Walser im Sommer, der durch Nick Angell nicht gleichwertig kompensiert worden ist, Feuerkraft aus der Defensivabteilung. Blueliner Richie Regehr kann diese Aufgabe nicht vollends alleine erledigen.
Die Mannheimer wirken dagegen breiter aufgestellt und können mit verschiedenen Spielertypen für jede Situation aufwarten. Offensiv-Experte Chris Lee, der zum Verteidiger der Saison gewählt worden ist, steht nach leichter Verletzung aus dem Viertelfinale in Hamburg wieder voll im Saft. Seine Kollegen haben in den Playoffs noch einmal eine Schippe drauf legen können. In Berlin überrascht der oft wenig beachtete Jim Sharrow mit einer bärenstarken Endrunde. Dennoch auch hier: kleiner Vorteil für Mannheim.
Der Sturm: Eisbären Sonderklasse
Der Adler-Angriff präsentiert sich in Hochform. Christoph Ullmann, erst kurz vor der Endrunde nach langer Verletzungspause aufs Eis zurückgekehrt, traf schon sieben Mal. Nur Ingolstadt Thomas Greilinger (zehn Treffer) knipste bisher erfolgreicher. Ullmanns Kollege Ken Magowan, der im Vorjahr mit Wolfsburg die Vizemeisterschaft gefeiert hatte und dabei zum besten Playoff-Torjäger (zehn Tore) avanciert war, lieferte in den neun Spielen erstklassige Vorstellungen ab und traf sechs Mal.
Doch trotz starker Individualisten im Angriff der Adler die Offensivabteilung der Eisbären ist, einmal ins Rollen gekommen, nach wie vor eine Klasse für sich. So schnelle Kombinationen und einen so ausgeprägten Zug zum Tor sieht man bei keiner anderen Mannschaft. Das Tore-Schießen ist dabei auf viele Schultern verteilt. Mit dem gesperrten Andre Rankel fehlt zwar ein ausgemachter Playoff-Spieler, am Vorteil der Eisbären im Sturm ändert das aber nichts.
Die Specials-Teams: Mannheim klar vorn
Trotz guten Aufbaus und gefälligen Kombinationen ließen die Berliner in den Playoffs bisher überraschend viele Powerplay-Möglichkeiten ungenutzt. Aus 53 Überzahl-Situationen (kein anderes Team durfte so oft) konnten die Eisbären bisher nur acht Mal Profit schlagen. Zum Vergleich: Im Vorjahr münzten der Meister 61 Möglichkeiten in 14 Treffer um. Ein Grund für die Abschlussschwäche: Verteidiger Richie Regehr traf seit elf Spielen nicht mehr in Überzahl, obwohl keiner bei den Eisbären so oft schießt wie er.
In Mannheim läuft es bei numerischer Überlegenheit dagegen blendend. In 44 Situationen klingelte es 12-mal beim Gegner, macht eine starke Quote von 27 Prozent. Schon in der Hauptrunde waren die Adler die beste Überzahl-Mannschaft der Liga. In Unterzahl sind sich beide Teams ebenbürtig. Zurzeit scheinen die Mannheimer dank des starken Powerplays bei den Special-Teams die Nase vorne zu haben.
Die Erfahrung: Plus für Berlin
57 diese Zahl kursiert in diesen Playoffs immer wieder in den Medien. Denn so viele DEL-Titel konnten die Berliner Spieler inklusive Trainer Don Jackson bisher feiern. Bei den Mannheimern durften sich mit Ullmann, Ronny Arendt und Marcus Kink bisher erst drei Profis in ihrer Laufbahn Deutscher Meister nennen.
Und auch Ligen-Übergreifend sind die Eisbären in Sachen Endrunde-Erfahrung den Konkurrenten aus der Kurpfalz haushoch überlegen. Unter den 25 Playoff-erfahrensten DEL-Spielern befinden mit Sven Felski, Florian Busch, Jens Baxmann und Frank Hördler vier aktive Berliner (ohne die verletzten Ustorf, Pederson und den gesperrten Rankel), aber kein Adler - Vorteil Eisbären.
Die Trainer: zwei Meister ihres Fachs
Vor 24 Jahren startete Berlins Don Jackson (55) seine Trainer-Laufbahn in Nordamerika, Harold Kreis (53) stand vor 15 Jahren erstmals als Co-Trainer der Adler hinter der Bande. Zum Chef wurden beide 2005. Jackson wechselte nach einem Jahr als Co-Trainer von Pierre Page aus Berlin nach Düsseldorf, Kreis begann in der Schweizer B-Liga. Seit seiner Rückkehr nach Berlin 2007 feierte Jackson drei deutsche Meistertitel und schaffte es damit zum erfolgreichsten Trainer der Eisbären-Historie.
Und auch Kreis Bilanz kann sich sehen lassen: Mit Lugano und Zürich errang er die Schweizer Meisterschaft, mit der DEG später die Vizemeister in der DEL. Ein Vorteil für einen der erfahrenen Coaches ist kaum aus zu machen, beide zählen zu den Meistern ihres Faches.
Der Weg ins Finale: kein großer Unterschied
Die Berliner setzten sich sowohl gegen Köln (4:0) als auch gegen Straubing (3:1) relativ problemlos durch. Der Bonus durch den ersten Rang nach der Vorrunde zahlte es sich aus. Die beiden Kontrahenten landeten in der Abschlusstabelle deutlich hinter den Berlinern, was sich in den Playoffs bestätigte: Den Gegner fehlte letztendlich die Klasse, um mit den Eisbären mithalten zu können.
Ganz anders war das bei Mannheims Halbfinale Gegner Ingolstadt. Nach einer noch leichten Aufgabe im Viertelfinale gegen Hamburg bekamen es die Adler in der Runde der letzten Vier mit dem Zweiten der Vorrunde zu tun. Aber auch diese Aufgabe löste der MERC überraschend locker. Auf dem Papier war der Weg ins Finale für die Mannheimer dennoch einen Tick schwerer.
Der direkte Vergleich: Ausgeglichen
Der Vergleich zwischen Berlin und Mannheim ist über die Jahre hinweg sehr ausgeglichen. In der Playoff-Vergangenheit der Rekordmeister siegten die Adler im direkten Duell einmal öfter als die Eisbären. In dieser Saison sind die Siege gleichmäßig verteilt: beide Mannschaften konnten ihre Heimspiele gewinnen. Dies könnte womöglich ein Vorteil für die Eisbären sein. Denn als besser platziertes Team genießen sie das erste Heimrecht und dürfen bei einer Serie über die komplette Distanz einmal öfter zu Hause antreten.
Fazit: Heimvorteil könnte entscheiden
Selten war ein Finale derart ausgeglichen wie das diesjährige Duell der Rekordmeister. Die beiden Clubs spielten nicht nur in der Vergangenheit am erfolgreichsten, sie stellen eindeutig die besten Teams der Saison und stehen somit verdient im Finale. Die kurze Best-of-Five-Serie bringt zusätzliche Spannung, verstärkt aber auch den Vorteil für die Heimmannschaft. Wenngleich unsere Gegenüberstellung ein leichtes Plus für Mannheim ausmacht, der Heimvorteil und die größere Erfahrung sprechen für die Eisbären und könnten schlussendlich den Ausschlag geben.
Daniel Pietzker