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Davis Cup Top-5-Moments: Zwischen Himmel und Hölle

Zu den Kommentaren   |   Quelle: sportal.de
21. November 2014, 10:59 Uhr
Pete Sampras
Pete Sampras war nach seinem historischen Match mit den Kräften am Ende

Am Wochenende treffen Frankreich und die Schweiz bei der Jagd nach der "hässlichsten Salatschüssel der Welt" aufeinander. Seit über 100 Jahren wird jährlich die beste Tennis-Nation der Welt gesucht. Viele epische Schlachten wurden geschlagen, Sensationssieger geboren, Favoriten gestürzt. Wir blicken auf die Top-5-Spiele der Davis-Cup-Geschichte zurück.

1. Die Schlacht von Hartford


Boris Becker - John McEnroe 4:6, 15:13, 8:10, 6:2, 6:2

Ort: Hartford, USA

Runde: Relegation um Verbleib in der Weltgruppe 1987

Es ist das Jahr 1987, das DTB-Team trifft im Davis Cup auf die Amerikaner. Dabei geht es aber nicht um die Tenniskrone, sondern um das nackte Überleben. In den Relegationsspielen wollen beide Nationen den Abstieg aus der Weltgruppe vermeiden.

Extra für dieses Aufeinandertreffen reaktivieren die USA John McEnroe. Der Altmeister soll den jungen Deutschen in die Schranken weisen. Am 24. Juli 1987 um 16.38 Uhr Ortszeit beginnt das Spektakel. McEnroe holt sich souverän den ersten Satz.

Der Psychokrieg beginnt


Dabei sollte der erste Satz nur die Ouvertüre für den folgenden Wahnsinn sein. Bereits zu Beginn des zweiten Durchgangs nimmt die Intensität spürbar zu. Beide wissen, dass der Satz vorentscheidend sein kann. Dementsprechend wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gekämpft.

Die "Schlacht von Hartford" beginnt, McEnroe zieht seine legendären Psychospielchen durch. Big Mac wütet sich in Rage, diskutiert mit dem Schiedsrichter, pöbelt übers Netz. In der Hoffnung, dass Becker darauf einspringt.

Episch, episch, episch!!!


Doch Beckers Antwort ist so gar nicht nach McEnroes Geschmack. Der Deutsche spielt unaufgeregt weiter. Anstatt sein typisches Netzspiel aufzuziehen, agiert Becker von der Grundlinie, verwickelt sein Gegenüber in lange Ballwechsel.

Beide spielen Tennis vom anderen Stern. Spielt der eine einen unglaublichen Ball, legt der andere nach. Becker schlägt bei 8:7 zum Satzgewinn auf. McEnroe kontert und breakt ihn. Das Momentum wogt hin und her. Bei 11:10 hat der Ami seinerseits fünf Satzbälle. Becker trumpft auf und wehrt den drohenden Satzverlust ab.

Griff in die Trickkiste


Es ist der Moment, in dem auch Becker in die Psycho-Trickkiste greift. Bei 13:13 serviert McEnroe. Doch was dieser auf der anderen Seite sieht, irritiert den Bad Boy. Becker beginnt vor den Aufschlägen hin und her zu laufen, bringt seinen Gegner so aus dem Rhythmus.

Mit Erfolg. McEnroe unterläuft ein Doppelfehler, Becker schnappt sich das Break. Der Altmeister kocht vor Wut. Schnaubend verzichtet er auf die Pause und geht direkt auf die andere Seite, um sich dort in den Schneidersitz zu setzen. Doch der Leimener bleibt cool und holt sich den wohl legendärsten Satz in der Tennisgeschichte.

Wahnsinn geht weiter


Doch der Wahnsinn geht weiter. Auch im dritten Satz schenken sich die Kontrahenten nichts und hauen sich die gelbe Kugel um die Ohren. Immer wieder rastet McEnroe aus. Er beleidigt Niki Pilic, Kapitän des DTB-Teams, beim Seitenwechsel mit den Worten "Shut up, Niki!".

Zudem bekommt der Schiedsrichter McEnroes obligatorisches "You can not be serious" öfters zu hören. Aber McEnroe pusht sich damit. Der dritte Satz geht mit 10:8 an ihn, gespielt sind mittlerweile über fünf Stunden.

Becker explodiert


Der Kräfteverschleiß beim Amerikaner wird sichtbar. Der Deutsche wirkt fitter, diktiert nun das Spielgeschehen. McEnroe schimpft stattdessen weiter mit Gott und der Welt. Jede knappe Entscheidung kommentiert der gebürtige New Yorker und zweifelt sie an. Becker bringt irgendwann nur noch ein müdes "Was ist denn jetzt schon wieder los?" über die Lippen.

Das Momentum dreht sich vollkommen zu Gunsten des Deutschen. Den vierten Satz schnappt er sich mit 6:2. Im finalen Durchgang versucht Big Mac nochmal dagegen zu halten. Doch seinem Kontrahenten gelingen fünf Spielgewinne in Folge. Nach 6:21 Stunden beendet der Deutsche um 23.17 Uhr mit einem Volley ins Halbfeld die "Schlacht von Hartford".


2. Das Wintermärchen von Göteborg


Carl-Uwe Steeb - Mats Wilander 8:10, 1:6, 6:2, 6:4, 8:6

Ort: Göteborg

Runde: Finale 1988

Es ist der 16. Dezember 1988. Schweden empfängt Deutschland zum Davis-Cup-Finale. Die Schweden sind in jenen Tagen die überragende Tennis-Nation. Mats Wilander spielt ein famoses Jahr, holt sich drei Grand-Slam Titel und führt die Weltrangliste an. Sein Kronprinz Stefan Edberg schnappt sich den übrigen Grand Slam und ist die Nummer drei der Welt.

Deutschland hingegen, so scheint es, hat außer Boris Becker keine Argumente für einen Sieg. Dem zweiten Einzelspieler, Carl-Uwe Steeb, werden gegen den übermächtigen Schweden kaum Chancen eingeräumt.

Der Schwabe ist ein solider Tennisspieler, aber eben doch nur auf Platz 74 der Weltrangliste zu finden. Zu allem Überfluss muss Steeb auch noch die Auftaktpartie bestreiten - gegen die Nummer eins der Welt.

Wenn, dann auf Sand!


Die Schweden wählen, um Becker größtmöglich zu schwächen, als Belag den langsamen Sand aus. Doch damit sollten sich die Skandinavier im Nachhinein ins eigene Fleisch schneiden. Denn Charly Steeb spielt sein bestes Tennis auf eben jenem Belag. "Ich wusste, dass ich auf diesem Boden mit ihm mitspielen konnte", sagte Steeb hinterher.

Dies zeigt er eindrucksvoll zu Beginn der Partie. Schnell führt Steeb mit 5:2. Der 74. der Welt hält mit dem Klassenprimus mit. Den Deckel auf den ersten Satz machen, kann er trotzdem nicht. Eiskalt schnappt sich der Schwede mit 8:6 doch noch Durchgang eins. Steeb wirkt angeschlagen. Den nächsten Satz gibt er klar mit 1:6 ab.

What a Comeback!


Die Messe scheint gelesen. Noch nie in seiner bisherigen Karriere hat Wilander eine 2:0-Satzführung aus der Hand gegeben. Und auch im Dritten läuft zunächst alles nach dem Gusto des Schweden. Doch dann dreht der junge Deutsche auf, legt die letzte Nervosität ab. Das Spiel seines Lebens beginnt.

"Ich habe mich weggebeamt, ich war in der Zone, mich konnte nichts mehr stoppen", schildert Steeb, was ab dem dritten Satz folgen sollte. Wilander beginnt zu wackeln, der Deutsche ist zur Stelle und angelt sich den Satz. Den nächsten gleich hinterher.

Der Wahnsinn beginnt


Doch im finalen Satz fängt sich der Weltklassespieler wieder. Wilander führt 5:2. Der ganze Fight, anscheinend umsonst. 5:6 - Aufschlag Wilander. Matchball Wilander.

"Beim Matchball wusste ich, dass ich volles Risiko gehen, den Punkt dominieren muss", beschrieb der Schwabe die Gedanken vor dem Ballwechsel. Steeb riskiert alles - doch sein Vorhand-Return segelt knapp ins Aus. Game, Set, Match Wilander! Doch nur für zwei Sekunden. Der Schiedsrichter sieht den Ball auf der Linie.

"Held von Göteborg"


Es geht weiter - und wie. Steeb schnappt sich das, im Tennis so wichtige, Momentum. Das Rebreak gelingt. Der 21-jährige spielt sich endgültig in einen Rausch. Die Sensation ist nun nicht mehr aufzuhalten. Es ist die Geburtsstunde vom "Held von Göteborg".

Wieder Aufschlag Wilander, nun aber Matchball Steeb. Wieder saust dem Schweden eine krachende Vorhand Steebs vor die Füße. Wilander kann den gelben Filzball nur noch als viel zu kurzen Lob zurückspielen. Steeb, bereits ans Netz geeilt, vollendet mit einem Schmetterball und sorgt damit für den ersten Teil des "Wintermärchens von Göteborg".

3. Aus dem Schatten für einen Tag


Michael Westphal - Tomas Smid 6:8, 1:6, 7:5, 11:9, 17:15

Ort: Frankfurt, BRD

Runde: Halbfinale 1985

Es steht 5:5 im 3. Satz in der Davis-Cup-Halbfinalpartie zwischen Michael Westphal und Tomas Smid. Er sprintet nach vorne ans Netz. Großer Ausfallschritt, der Deutsche setzt zum Volley an, als er auf einem sich lösenden Stück des Teppichbodens ausrutscht. Es sollte der Wendepunkt der Partie werden.

Sieben Minuten müssen die Akteure warten, bis sie sich die gelbe Filzkugel wieder um die Ohren dreschen können. Vor der Pause beherrscht Routinier Smid seinen Kontrahenten aus Deutschland beinahe nach Belieben.

Die Halle bebt


Nach der unfreiwilligen Pause wirkt Westphal jedoch wie ausgewechselt. Westphal schnappt sich aus dem Nichts den dritten Satz. Ab dem vierten liefert sich der junge Deutsche mit dem Routinier einen packenden Fight. Der Hamburger dreht auf, spielt sich in einen Rausch.

Die Zuschauer halten es nicht mehr aus, sind total aus dem Häuschen. Sie feuern den Underdog mit Sprechchören an, die Frankfurter Festhalle kocht über. An den heimischen Bildschirmen verfolgen 12 Millionen Zuschauer die sich anbahnende Sensation.

Teppich löst sich erneut


Für den Belag ist die Stimmung jedoch Gift. Beim Stand von 4:4 löst sich der Teppich erneut. Später nennen Mitarbeiter der Teppichfirma die Hitze in der Halle als Grund für die Auflösungserscheinungen des Bodens.

Westphal ist mittlerweile im - von Sportlern so gern zitierten - Modus. In einer anderen Welt. Er lässt sich von seinem Plan, heute Tennis-Geschichte zu schreiben nicht mehr abbringen. Auch der vierte Satz geht mit 11:9 an den Deutschen.

Einfach nur episch


Was dann im fünften Abschnitt passiert, ist einfach nur noch mit einem Wort zu beschreiben: Episch! Westphal und Smid schenken sich nichts, kloppen wie zwei Verrückte aufeinander ein. Jeden Punktgewinn des Deutschen zelebrieren die Fans auf den Rängen, als ginge es bereits um die Salatschüssel.

Kurz vor Mitternacht ist es schließlich so weit. Michael Westphal ringt Smid in einem unglaublichen fünften Satz nieder. 17:15!!! Für einen Tag tritt er aus dem großen Schatten Boris Beckers.

In die Herzen gespielt


Das Spiel selbst geht in die Davis-Cup-Geschichte ein. Mit 85 Spielen hält die Partie den All-Time-Rekord. Westphal benötigt 5:29 Stunden, um sich in die Herzen der Deutschen zu spielen. Es ist die bis dato längste Davis-Cup-Partie der Geschichte.

Doch das Schicksal meint es nicht gut mit Westphal. Bereits ein knappes Jahr später ist der Rekord wieder Makulatur. Neuer Rekordhalter: Becker mit einem irrsinnigen Spiel gegen John McEnroe. Westphal tritt wieder in den (zu) großen Schatten des Leimeners.

4. Held der Schmerzen


Pete Sampras - Andrej Chesnokov 3:6, 6:4, 6:3, 6:7, 6:4

Ort: Moskau, RUS

Runde: Finale 1995

Davis-Cup-Finale 1995. Russland empfängt die USA zum Showdown. Beide Großmächte sind noch geprägt vom Ende des Eisernen Vorhangs. Es geht um mehr, als um die "hässlichste Salatschüssel der Welt". Es geht um den Wettstreit zwischen dem Westen und Osten.

Pete Sampras, Nummer 1 der Welt, hat das fragwürdige Vergnügen das Finale zu eröffnen. Gegner ist Andrej Chesnokov. Genau der Chesnokov, der das Traumfinale Deutschland - USA mit seinem famosen Sieg über Michael Stich verhinderte.

Hexenkessel Moskau

Die Russen wählen als Belag Sand. Für Aufschlagkönig "Pistol Pete" ein ungeliebter, da langsamer Belag. So kann Chesnokov, mittlerweile auf Platz 91 der Welt abgerutscht, von Beginn an die Partie offen gestalten.

Er breakt den Amerikaner früh und holt sich den ersten Satz mit 6:3. Die Menge tobt, schreit ihren Außenseiter nach vorne. Sampras stellt sein Spiel um, versucht riskanter zu agieren. Mit Erfolg. Die beiden nächsten Sätze gehen an die Nummer 1.

"Call for you, Sampras!"


Das Momentum liegt nun klar beim Amerikaner. Sampras dominiert seinen Gegner mit krachenden Aufschlägen und dem unnachahmlichen Netzspiel. Chesnokov taumelt. Da springt die Moskauer Menge für ihn ein und spielt ihr eigenes, unfaires Spiel gegen Sampras.

Aufschlagfehler werden bejubelt, immer wieder ertönen klingelnde Handys. Doch die Nummer 1 lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Bis zum Stand von 4:2.

Sampras serviert. Der Amerikaner muss über den Zweiten gehen und wieder ertönt das Klingeln von Mobiltelefonen. Der Klassenprimus holt zum Schlag aus, da kommt ein Zwischenruf: "Call for you, Sampras!". "Pistol Pete" serviert einen Doppelfehler. Die Menge johlt. Das Momentum dreht sich, Satz vier geht an den Russen.

Von Krämpfen geplagt


Der entscheidende Satz entwickelt sich zum Krimi. Sampras diktiert das Spielgeschehen, aber der Russe ist flink auf den Beinen. Chesnokov spielt geduldig die Bälle zurück und lauert auf Fehler des Amerikaners. Beim Stand von 3:3 setzen bei Sampras die ersten Krämpfe ein.

Die Nummer 1 muss nun noch schneller auf den direkten Punkt gehen. "Ich musste so spielen. Je länger die Partie ging, desto schlechter ging es mir", sagte Sampras im Anschluss.

Sampras setzt alles auf eine Karte - und hat Erfolg damit. Ihm gelingt das Break zum 5:4. Wenig später hat er Matchball. Doch dem Amerikaner wird nichts geschenkt. Ausgerechnet zum krönenden Abschluss heben sich die Kontrahenten die spektakulärste Rallye auf. 26 Ballwechsel dauert es, bis Chesnokov eine Rückhand ins Aus haut.

Sampras kollabiert


Sampras sinkt auf den Boden. Doch nicht vor Glück, sondern vor Schmerzen. Total ausgelaugt und geplagt von Krämpfen am ganzen Körper, ist er unfähig aufzustehen. Zwei Trainer des US-Teams eilen zu ihm und versuchen ihn aufzurichten. Ohne Erfolg. Sampras, total fertig und in Trance, wird vom Platz in die Kabine getragen.

Was an den nächsten beiden Tagen folgt, ist eigentlich nicht zu glauben. Sampras gewinnt samstags das Doppel, am Sonntag bestreitet er das Einzel gegen Kafelnikov und zerstört den Russen nach allen Regeln der Kunst in drei Sätzen. So krönt sich Sampras mit unbändigem Willen zum Davis-Cup-König des Jahres 1995.

5. Drama der Matchbälle


Michael Stich - Andrej Chesnokov 4:6, 6:1, 6:1, 3:6, 12:14

Ort: Moskau, RUS

Runde: Halbfinale 1995

Michael Stich sitzt minutenlang auf der Bank. Sein verheultes Gesicht tief unter seinem Handtuch versteckt. Trotz 15.000 Menschen in der Moskauer Olympiahalle ist Stich - in diesen endlos erscheinenden Minuten - die einsamste Person auf der Welt.

Boris Becker steht regungslos hinter seinem Mitspieler und tätschelt dessen Rücken. Alle im deutschen Davis-Cup-Team schauen sich verdutzt an, versuchen das Unbegreifbare zu verstehen. Was sich aber in den gut fünf Stunden zuvor abspielt, ist schlicht nicht zu realisieren.

Stich soll Traumfinale perfekt machen


Es ist der 24. September 1995. Michael Stich soll gegen Andrej Chesnokov den dritten und entscheidenden Punkt für das deutsche Team holen. Im Finale warten schließlich die US-Boys.

Doch Chesnokov, die Nummer 59 der Welt, hat etwas dagegen. Es entwickelt sich ein ausgeglichenes Match. Am Ende kann der Russe etwas glücklich den ersten Satz für sich entscheiden, Stich ist gewarnt. Der Satzverlust ist ein Weckruf.

Die folgenden beiden Sätze dominiert Stich nach Belieben. Mit atemberaubendem Serve-and-Volley entzaubert er seinen Gegner und lässt die Massen verstummen. Mit 6:1 und 6:1 gehen die Sätze an den Deutschen. Das Finale scheint in Reichweite.

Stich vs. Publikum


Doch mit dem Mute der Verzweiflung kann Chesnokov den vierten Abschnitt offen gestalten. Was aber weit wichtiger ist. Die Zuschauer sind zurück aus der Schockstarre. Stich kämpft nicht nur gegen seinen Gegner auf dem Court, sondern gegen 15000 wie entfesselnd wirkende Russen.

Das Publikum peitscht Chesnokov nach vorne. Leichte Fehler von Stich werden enthusiastisch bejubelt. Aufschlagfehler beklatscht, als wäre der Matchball gespielt. Rufe während der Ballwechsel bringen Stich aus der Fassung. Der Deutsche scheint von der Atmosphäre angezählt und verliert den vierten Satz.

Ein Albtraum wird wahr


Die Folge: Das Spiel entwickelt sich zu einem Ritt auf der Rasierklinge. Stich wirkt ausgelaugt. Physisch von dem kräftezehrenden Doppel tags zuvor, psychisch vom Moskauer Hexenkessel. Doch Stich kämpft sich wieder in die Partie. Beim Stand von 6:6 gelingt dem Deutschen das Break.

Dann ereignet sich das Unerklärliche. Stich erspielt sich den ersten Matchball. Aufschlag, Sprint nach vorne. Weltklasse Return. Matchball abgewehrt. Weitere acht Matchbälle folgen. Weitere acht Mal rennt der Elmshorner ins Verderben.

"Ich habe versagt"


Es kommt, wie es kommen muss. Mit der ersten Breakchance gelingt dem Russen das Break. Stich ist demoralisiert. Er schleppt sich aber eine weitere Stunde durch die Partie. Doch beim Stand von 12:13 und 15:40 ist das Unheil nicht mehr abzuwenden. Stich beendet die Partie, wie könnte es anders sein, mit einem Doppelfehler.

Das Traumfinale zerplatzt wie eine Seifenblase, Stich ist am Boden zerstört. "Ich habe versagt. Das war nicht die schlimmste, aber die schmerzhafteste Niederlage meiner Karriere. Als Mensch und Tennisspieler wird dieses Match mich immer prägen. Ich wusste nicht, wie brutal Sport sein kann."

Autor: Christian Rapp

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