Davie Selke ist Vierfachtorschütze in einem Pflicht-Länderspiel, beschreibt sich selbst als Instinktstürmer und lieferte sich bereits eine Trainingsprügelei mit Werder-Kapitän Clemens Fritz. sportal.de stellt den Bremer Mittelstürmer mit Gardemaß vor dem zweiten EM-Gruppenspiel der deutschen U-19-Nationalmannschaft gegen Serbien (ab 18 Uhr hier im Live-Ticker) genauer vor.
Die deutschen U19-Junioren sind auch ohne die Stars Leon Goretzka, Max Meyer, Julian Brandt, Levin Öztunali und Timo Werner erfolgreich in die EM in Ungarn gestartet. Zum Auftakt wurde Bulgarien klar dominiert und mit 3:0 (2:0) geschlagen. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hatte der Mittelstürmer Davie Selke von Werder Bremen. Der 19-Jährige erzielte den Führungstreffer bereits nach 54 Sekunden mit einem sehenswerten Volley-Abschluss und brachte die DFB-Elf damit auf die Siegerstraße. Im zweiten Spielabschnitt traf er in Minute 56. zum vorentscheidenden 3:0.
Vor dem zweiten deutschen EM-Spiel gegen Serbien hat die Aufmerksamkeit rund um den talentierten Angreifer natürlich zugenommen.
Ausgebildet bei Hoffenheim, durchgestartet in Bremen
Als''definitiv sehr glücklich'' beschrieb Selke nach dem 3:0 gegen Bulgarien seinen Gemütszustand: ''Es ist unheimlich wichtig, in so ein Turnier mit einem Sieg zu starten und ich bin sehr glücklich, dass ich mit zwei Toren dazu beitragen durfte. Alle haben mir prophezeit, ich würde ein frühes Tor schießen und ich habe gesagt: Warten wir's mal ab!''
2009 zog Selke weiter in die Jugendakademie der TSG 1899 Hoffenheim. Durch die oft und zurecht gelobte Ausbildung in Sinsheim gereift, entschloss der Stürmer sich in der Winterpause 2013 zu Werder Bremens U19-Mannschaft zu wechseln, um dort Stück für Stück an den Bundesligakader herangeführt zu werden.
Der Umzug an die Weser machte sich für den jungen Mann mit äthiopischen Wurzeln schnell bezahlt. In seinem ersten halben Jahr bei Bremens Junioren erzielte er neun Tore in 13 Spielen und empfahl sich dadurch bereits nach kurzer Zeit für höhere Aufgaben. Ein Grund für die schnelle Eingewöhnung in Norddeutschland war der Vater des jungen Stürmers, der zeitgleich zum Vereinswechsel des Sohnemanns den Job wechselte, um fortan in der Region tätig zu sein.
''Am Anfang war es schon schwer, mein gewohntes Umfeld zu verlassen. Ich bin jemand, der eine gewisse Nestwärme braucht, um sich wohlzufühlen'', sagt Selke über diese Zeit.
Über den Umstand, dass sein Vater ihn in Bremen unterstützt, befand er: ''Es ist einfach schön zu wissen, dass, wenn man nach Hause kommt, dort eine vertraute Person ist, mit der man über alles sprechen kann. Er ist zwar mein größter Kritiker, zugleich aber auch mein größter Förderer.''
Eiskalt vor dem Tor
Zu Beginn der Saison 13/14 wurde er zur zweiten Mannschaft der Bremer befördert, wo er in 26 Regionalliga-Spielen ebenfalls neun Treffer erzielte. Es wären wohl noch mehr geworden, hätte er nicht das ein oder andere Ligaspiel verpasst, weil er für die DFB-Junioren auf Torejagd ging.
So auch im Oktober 2013, als Selke beim EM-Qualifikationsspiel gegen Lettland vier Tore zum 5:0-Sieg beitrug. Spätestens da wurde klar, wie wichtig er auch für die deutsche Elf bei der EM sein könnte. Auf sein Erfolgsrezept angesprochen, beschreibt Selke sich als Instinktstürmer. Sein Geheimnis sei, dass er meistens richte stehe und dann nicht lange nachdenke: ''Wenn ich eine Chance habe, ist der Ball oft drin''.
Erste Bundesligaeinsätze und eine Prügelei
Robin Dutt blieb die Entwicklung von Selke nicht verborgen. Drei Wochen nach seiner Vier-Tore-Gala gegen Lettland durfte er sich über sein erstes Bundesligaspiel freuen. Am 03. November 2013 wurde er beim 3:2-Heimerfolg gegen Hannover 96 in der 63. Minute für Clemens Fritz eingewechselt.
Zwei Wochen später durfte er sogar von Beginn an ran. Bei der 2:3-Heimniederlage gegen Mainz 05 blieb er 82 Minuten auf dem Feld. Danach wurde es - was das Spielerische angeht - aber schnell ruhiger um Selke, der in der Rückrunde zu keinem Einsatz kam.
Mitte Dezember 2013 kam es dann im Training zu einer Prügelei mit Mannschaftskollege und Werder-Kapitän Clemens Fritz. Fritz sagte der "Bild" damals: ''Er ging etwas zu hart zur Sache, was sich so nicht gehört''. Zu diesem Zeitpunkt sei er ob des Verhaltens des 18-Jährigen bereits gereizt gewesen, so Fritz weiter: ''Mir hatten zuvor schon ein paar Sachen nicht gepasst. Darauf hatte ich ihn bereits hingewiesen.''
Dem Kapitän von Werder war nach einem harten Zweikampf mit Selke die Hand ausgerutscht. Anschließend hatte er den Nachwuchsstürmer attackiert und das Trainings-Leibchen zerrissen, Mitspieler schlichteten den Streit. Levent Aycicek und Mehmet Ekici mussten Selke damals beruhigen.
Der Streit mit Selke sei schnell ausgeräumt gewesen, so Fritz weiter. ''Wir haben gesprochen und es aus der Welt geschafft. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich ein Stück weit überreagiert habe. Wir haben beide Mist gebaut.'' Dutt stellte damals ebenfalls schnell klar, dass sich die Sache für ihn erledigt habe. Zu einem Bundesligaeinsatz kam Selke danach aber nicht mehr.
EM als Bewerbung für die Bundesliga
In dieser Saison will Selke aber wieder bei den Profis angreifen. ''Ich weiß, dass mein Trainer Robin Dutt in engem Kontakt mit DFB-U-19-Coach Marcus Sorg steht und sich unsere Spiele vielleicht sogar anschaut. Ich glaube nicht, dass gute Leistungen hier für mich ein Nachteil sind.'' Gegen Serbien kann er sein Können nun wieder beweisen.
Nach dem 1:1 zwischen Serbien und der Ukraine im zweiten Spiel der Gruppe B führt Deutschland die Tabelle an, ist aber für Selke noch lange nicht im Halbfinale.''Das war sehr, sehr wichtig. Wir gehen die Sache Schritt für Schritt, Spiel für Spiel an. Wir müssen noch konzentrierter spielen, weniger oft den Ball verlieren und das nächste Spiel gewinnen.''
Was sich selbst angeht, ist der Stürmer selbstbewusst: ''Ich fühle mich im Moment sehr gut drauf. 'Es macht unheimlich Spaß, für Deutschland zu spielen und bei einem großen internationalen Turnier ist es sogar noch schöner.''
Bei einem Sieg gegen Serbien (ab 18 Uhr hier im Live-Ticker) hätte Deutschland das Halbfinale bereits sicher erreicht. Ebenso wie die Qualifikation für die U-20-WM in Neuseeland 2015. Davie Selke wird sicherlich wieder alles dafür tun, dass es so weit kommt. Für Deutschland, für Robin Dutt, aber sicher auch für sich selbst.
Autor: Sven Scharf