Bei Australiens Socceroos herrscht erst Monate nach der geglückten WM-Qualifikation Aufbruchstimmung. Das Scheitern von Trainer Holger Osieck nach zwei 0:6-Debakeln in Serie leitete den Umbruch unter Nachfolger Ange Postecoglu ein.
Holger Osieck dämmerte schon vor dem Abpfiff, dass sein Abschied als Trainer der australischen Nationalmannschaft besiegelt sein würde. Ratlos und mit verschränkten Armen verfolgte er Ende Oktober von der Seitenlinie, wie seine Mannschaft zum zweiten Mal nacheinander in einem Test-Länderspiel mit 0:6 böse unter die Räder geriet - erst gegen Brasilien, nun gegen Frankreich. Die als Standortbestimmungen geplanten Tests hinterließen mehr als nur Zweifel an der WM-Tauglichkeit.
Noch unter der Führung des einstigen Assistenten von Weltmeister-Teamchef Franz Beckenbauer hatten die Socceroos im Juni die Qualifikation für Brasilien als Gruppenzweiter hinter Japan geschafft - ihre dritte WM-Teilnahme in Folge. Doch der Euphorie sollte knapp vier Monate später die Ernüchterung im Pariser Prinzenpark-Stadion folgen.
Erfolgreiches Debüt einer neuen Spielphilosophie
Beim Trainer-Debüt von Ange Postecoglu im November legten die Aussies dann mit einem 1:0 gegen Costa Rica den Grundstein einer neuen Spielphilosophie. "Während der 90 Minuten hat mir besonders unser schnelles Pressing in der Defensive imponiert. Selbst wenn uns Fehler unterliefen, waren die Jungs umgehend bemüht, den Ball zurückzuerobern", sagte der in Athen geborene Australier.
Seine Spieler setzten die neue Marschroute mit zeitgemäßem Kurzpassspiel, kontrolliertem Gegenpressing und einer schnellen Spieleröffnung bereits in der ersten Partie erstaunlich überzeugend um. Bei seiner Amtsübernahme in Down Under hatte sich der ehemalige Coach von Brisbane Roar selbstbewusst gezeigt: "Wir müssen nach Größe streben, mit Seele spielen und einen unerschütterlichen Glauben in unsere Mission haben."
Ihren neuen Weg wird die Mannschaft ohne Rekordnationalspieler Mark Schwarzer gehen, der Anfang November überraschend seine Karriere im Tor nach 20 Jahren und 109 Länderspielen für beendet erklärte. Der Abschied des 41 Jahre alten Volkshelden bedeutet für Mitch Langerak vom Champions-League-Finalisten Borussia Dortmund die unverhoffte Chance auf einen Stammplatz, doch Favorit auf den Platz zwischen den Pfosten dürfte Mathew Ryan vom belgischen Erstligisten FC Brügge sein.
Australien sicher für eine kleine Überraschung gut
Langerak ist neben Robbie Kruse von Bayer Leverkusen, der gegen Costa Rica eine überzeugende Rolle spielte, sowie Matthew Leckie und Nikita Rukavytsya vom FSV Frankfurt einer von vier Bundesliga-Legionären im Kader. Für Brasilien kommt die Umstellung auf das Spielsystem mit einer Handschrift im Stile Pep Guardiolas für große Sprünge wohl noch zu früh, aber für eine Überraschung kann das unbekümmerte Team immer sorgen.
Mit der Umstellung auf ein modernes Konzept hat der australische Verband die Zeichen der Zeit erkannt. Postecoglu sei "am besten für den Job qualifiziert", sagte Verbandspräsident Frank Lowy nach der Amtsübernahme. Auch Postecoglus ehemaliger Schützling Thomas Broich lobt seinen früheren Trainer in den höchsten Tönen: "Ange hat den Fußball in Australien revolutioniert."