
Selbst bei den Fußballfunktionären aus Europa hat sich der Begriff mittlerweile eingebürgert: Salary Cap. Das ist vielleicht auch besser so, klingt er doch anders als Gehaltsobergrenze. Aber was hat es mit dieser amerikanischen "Erfindung" eigentlich auf sich? sportal.de beleuchtet den Umgang mit Spielergehältern in den USA.
Selbst bei den Fußballfunktionären aus Europa hat sich der Begriff mittlerweile eingebürgert: Salary Cap. Das ist vielleicht auch besser so, klingt er doch anders als Gehaltsobergrenze. Aber was hat es mit dieser amerikanischen "Erfindung" eigentlich auf sich? sportal.de beleuchtet den Umgang mit Spielergehältern in den USA.
Warum Kovalchuk noch keinen Arbeitgeber hat
Im nordamerikanischen Eishockey kann man immerhin behaupten, als erste und letzte der vier großen Profiligen die Obergrenze eingeführt zu haben. Wie das geht? Bereits während der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre durften Teams eine bestimmte Ausgabengrenze nicht überschreiten. Doch diese Regelung wurde in der Folgezeit vergessen und so musste erst die Streiksaison 2004/05 endgültig für die Einführung der Cap sorgen. NFL, NBA und MLB hatten in der Zwischenzeit ihrerseits Gehaltsregelungen festgelegt.
Seit dem Lockout fährt die NHL allerdings ebenso wie die NFL die härteste Linie, um per Salary Cap die Chancengleichheit zu wahren und besonders kleinere Teams nicht in Existenznot zu bringen. Die Teams dürfen mit ihren Lohnkosten für Spieler in diesem Jahr 56,8 Millionen US-Dollar nicht überschreiten, dürfen aber auch nicht weniger als 40,8 Millionen ausgeben. Zudem darf ein einzelner Spieler nicht mehr als 11,88 Millionen US-Dollar verdienen. Diese Zahlen werden in jedem Jahr neu errechnet, als Basis dienen die Einnahmen aller Teams.
In die Schlagzeilen geriet die Salary Cap in diesem Sommer, als ein abgeschlossener Vertrag zwischen den New Jersey Devils und Ilya Kovalchuk als nichtig erklärt wurde. Die Ligaoffiziellen störten sich an der langen Laufzeit von 17 Jahren und dem zum Ende des Vertrages geringen Gehalt. Demnach hätte Kovalchuk ab 2021 lediglich eine halbe Millionen US-Dollar pro Jahr eingenommen. Die NHL wertete das Vertragswerk als Kniff, um die Salary Cap zu umgehen.
Buchhalter und Trickser - der NFL-Manager
Für die Kollegen aus der NFL ist so ein Kunstgriff nichts Neues und wird eigentlich immer geduldet. Allerdings ist dieses Jahr eine Ausnahme: Das Collective Bargain Agreement, sozusagen der Tarifvertrag, der zwischen Liga und Spielergewerkschaft NFLPA abgeschlossen wurde, lief Ende der letzten Saison aus und soll im nächsten Sommer erneuert werden. Deswegen haben die Teams der Liga in diesem Jahr weder eine Salary Cap, noch eine Untergrenze - Mechanismen, die sonst gang und gäbe waren.
Seit 1994 galt die alte Regelung in der NFL, 2009 durften Teams nicht mehr als 128 Millionen US Dollar, aber auch nicht weniger als 112 Millionen US-Dollar ausgeben. Zuwiderhandlungen konnten mit einer Strafe bis zu 5 Millionen US-Dollar, Aufhebung des geschlossenen Vertrages - ähnlich wie im Falle Kovalchuk - oder dem Entziehen von Draftpicks bestraft werden. Mittlerweile gehört es zur Kunst eines guten General Managers, seinen Stars mehr zu zahlen als eigentlich erlaubt, ohne gegen die Regeln zu verstoßen.
Das klingt etwas widersprüchlich, kann aber einfach durch den Signing Bonus, das Handgeld, erreicht werden. Der Bonus wird nämlich nicht nur in ein Jahr, sondern in die gesamte Vertragslaufzeit mit einberechnet. So würden zehn Millionen Dollar bei einer Vertragslaufzeit von fünf Jahren lediglich mit zwei Millionen zu Buche schlagen. Dazu wird meist in den ersten Jahren ein geringes Gehalt genommen, das zum Ende des Kontraktes explodiert. Nur werden diese meist zweistelligen Millionensummen gar nicht ausgezahlt, da der Spieler seinen Vertrag entweder verlängert, dieser dann mit ähnlich niedrigen Zahlen versehen wird und der Spieler erneut das Handgeld einstreichen kann.
So sind alle glücklich: Der Spieler erhält einen Batzen Geld am Anfang, die Salary Cap wird eingehalten und das Team kann weitere Stars mit ähnlichem Geld locken. Es ist in etwa so, wie böse Zungen einigen Sportarten, die per se des Dopings verdächtigt werden, unterstellen: Alle machen es und deswegen bleibt die Chancengleichheit gewahrt.
Die etwas andere Salary Cap
In der NBA und der MLB gibt es die sogenannte Hard Cap, wie sie NHL und NFL praktizieren, nicht, zumindest in der NBA existiert aber eine Salary Cap. Allerdings leben die Teams hier von Ausnahmen. So sorgt unter anderem die sogenannte Larry-Bird-Rule dafür, dass die bereits in der Mannschaft spielenden Akteure nicht mit einberechnet werden. Um explodierenden Gehältern entgegenzuwirken, wurde allerdings eine individuelle Obergrenze eingeführt, die zum Beispiel für einen Spieler in den ersten fünf Jahren 25 Prozent der Salary Cap nicht überschreiten darf.
Trotz der Ausnahmen versucht die Liga, Teams von der übermäßigen Geldausgabe abzuhalten. So müssen die Big Spender für jeden Cent über einer nach einer Formel festgelegten Toleranzgrenze eine Luxussteuer zahlen, die unter den kleineren Teams verteilt wird - Cent um Cent.
Nur die Luxussteuer gibt es in der MLB. Dort scheint es besonders die New York Yankees, die laut CBS in diesem Jahr 206 Millionen US Dollar für Gehälter ausgaben, wenig zu stören, dass sie Jahr um Jahr Geld an die Liga zahlen, das unter anderem für Baseball-"Entwicklungshilfe" verwendet wird. Die Yankees waren in dieser Saison aber auch das einzige Team, das diese Steuer zahlen musste.
Trotzdem schwankt gerade im Baseball das Gehaltsgefüge der einzelnen Teams sehr. Selbst die Boston Red Sox, die mit 40 Millionen weniger hinter dem New Yorker Erzrivalen Nummer zwei der Finanz-Schwergewichte sind, zahlen mit 162 Millionen US-Dollar in dieser Saison das Vierfache vom sparsamsten Team, den Pittsburgh Pirates.
Zeit für die Wende?
Genau dort setzen auch die Kritiker an: Was, so fragen sie, bringt eine Soft Cap, wenn nur ganz wenige sie überschreiten? So werden auch regelmäßig Rufe nach einer echten Salary Cap laut. Andererseits werden diese Rufe schnell mit der Antwort, dass es doch Chancengleichheit gäbe, gekontert.
Einer der lautesten dabei ist Liga-Boss Bud Selig, der nach der letzten World Series unter anderem der Pittsburgh Tribune erklärte, dass er die Rufe nach einer Cap nicht verstehe: "In den letzten fünf Jahren hatten wir die größte Chancengleichheit aller Zeiten", sprach der Commissioner und wurde unter anderem von Joe Starkey vom Tribune widerlegt. Zwar gab es in den letzten Jahren immer verschiedene Gewinner der World Series, allerdings gaben auch diese einiges mehr aus als die Underdogs der Liga, meist das Doppelte und mehr. Zudem kamen von 2004 bis 2008 nur vier von insgesamt 48 Teams mit Gehaltsausgaben von unter 60 Millionen US-Dollar in die Playoffs, so Starkey weiter.
In dieser Spielzeit sprechen die Fakten etwas für Seligs Position, mit den San Diego Padres und den Texas Rangers sind unter anderem zwei Teams vom unteren Ende der Nahrungskette im Kampf um die Playoffs sehr gut dabei. Doch dies ist zunächst nur eine Momentaufnahme. Zeit zur DIskussion über die Einführung einer Salary Cap gibt es spätestens zum nächsten Weihnachtsfest: am 11. Dezember 2011 läuft der derzeitige Tarifvertrag zwischen Spielergewerkschaft und Liga aus.
Und was ist mit Fußball?
Auch die MLS versucht sich am Vorbild der großen Ligabrüder. Dort dürfen gerade einmal 2,5 Millionen US-Dollar für das gesamte Team ausgegeben werden - nach einer solchen Obergrenze würden sich einige Manager unterklassiger Vereine in Deutschland sicher sehnen.
Doch wie verdienen David Beckham und Thierry Henry ihre Bagel? Ganz einfach, um das Zug- und Werbepferd Becks in die Liga zu locken und das Geschäft anzukurbeln, wurde 2007 die Ausnahme von der Regel geschaffen. So darf jedes MLS-Team einen "Designated Player" bestimmen, der nicht unter diese Regel fällt. Und damit zeigen die kleinen Fußballbrüder genauso wie die großen vier Ligen auf: Eigene Regeln sind meist dazu da, um Ausnahmen zu schaffen. Wenn es der Gewinnmaximierung dient, bleibt die Chancengleichheit gerne einmal auf der Strecke.
Sven Kittelmann