
Die deutsche Nationalmannschaft hat den Einzug ins Finale der Weltmeisterschaft geschafft. In einem surrealen Halbfinale überrollte das DFB-Team Gastgeber Brasilien mit dem unfassbaren Ergebnis von 7:1 (5:0).
Deutschland:
Manuel Neuer: In der ersten Halbzeit nur gleich zu Beginn mal im Einsatz, als er eine scharfe Hereingabe von Marcelo wegfischte. Danach fast nur noch mit dem Fuß am Ball und überhaupt nicht mehr geprüft. Ganz starke Reaktionen, als er erst Oscar nach der Pause den Ball quasi vor den Füßen wegfaustete und danach die Schüsse von Oscar und Paulinho aus kurzer Distanz parierte. Note 1.
Philipp Lahm: Wie schon gegen Frankreich rechts in der Viererkette platziert. Überragendes Tackling gegen Marcelo, defensiv eine Bank, nach vorne mit enormem Druck über seine starke rechte Seite. Ohne Fehler, dafür mit zwei Assistst. Note 1.
Jerome Boateng: Bis auf ein kleines Techtelmechtel mit Marcelo kühl und fokussiert. Allerdings von Brasiliens Offensivlüftchen auch nicht gefordert. Sicher im Spielaufbau. Note 1,5.
Mats Hummels: Bei den wenigen Prüfungen in der Defensive souverän, schaltete sich sogar ein paar Mal mit in die Offensive ein - zu groß war die Verlockung angesichts der gewaltigen Löcher, die im brasilianischen Mittelfeld klafften. Zur Pause durfte er sich schon für das Finale schonen, der Dortmunder hatte sich eine leichte Sehnenreizung in der rechten Kniekehle zugezogen. Note 1,5
Benedikt Höwedes: Wie der Rest der Viererkette unaufgeregt, nüchtern. Hielt Hulk oder Bernard in Schach, mit gutem Stellungsspiel bei einem weiten Ball in die Tiefe gleich zu Beginn. Eigentlich kaum gefordert, egal von welchem Gegenspieler. Und wenn, dann nur schwer auszuspielen. Note 1,5.
Bastian Schweinsteiger: Spielte wie im Viertelfinale die zentrale Rolle vor der Viererkette - ging aber deutlich öfter aus dieser Position raus und presste stark nach vorne. Sicher im Passspiel und sehr aufmerksam, wenn es doch einmal Löcher im deutschen Mittelfeld gab. Er alleine schien mehr Übersicht über die Partie zu haben als die gesamte brasilianische Mannschaft. Note 1.
Sami Khedira: Mit der ersten ganz dicken Abschlusschance, schoss aber nur Kroos an. Lief Brasiliens Aufbauspieler immer wieder flink und aggressiv an, trieb sich in der rechten Spielfeldhälfte fast überall herum. Ging von Strafraum zu Strafraum wie in besten Zeiten vor seiner Verletzung und war gefühlt öfter im gegnerischen Strafraum als in den bisherigen Spielen zusammen. Sachlicher Abschluss bei seinem Tor. Nach 76 Minuten war Schluss, Draxler kam. Note 1.
Toni Kroos: Wohl das beste Länderspiel des Noch-Bayern. Unglaublich präsent im Mittelfeld, der Ballverteiler, Assist- und Taktgeber, Torjäger. Mit seinen ersten beiden Toren bei einer WM. Überragend. Note 1.
Thomas Müller: Von Beginn an voll da und gegen Marcelo sowohl defensiv wie offensiv der Herr auf seiner Seite. Sicher am Ball, verzögerte gut, bis die Mitspieler in Position gelaufen waren. Setzte sich gut ab beim Führungstreffer. In der Folge gleich noch einige Male nah dran am sechsten Turniertor. Note 1.
Miroslav Klose: Über seine Nominierung wurde am meisten diskutiert. Verstolperte erst durch eine schlampige Ballannahme eine wunderbare Konterchance; traf dann Minuten später zu seinem 16. WM-Tor und hat jetzt in der 84-jährigen Geschichte der Weltmeisterschaften die meisten Treffer erzielt. Nicht immer technisch ausgereift, aber jederzeit mit vollem Einsatz und hohem Tempo im Spiel gegen den Ball. Nach 58 Minuten für Schürrle ausgetauscht. Note 1,5.
Mesut Özil: Verlor die ersten Zweikämpfe allesamt, wirkte zögerlich statt entschlossen. Dann die schlaue Vorarbeit zu Khediras Chance, die für sein persönliches Spiel zum Türöffner wurde. Von da an unglaublich gut in Bewegung, jederzeit anspielbar, für den Gegner nicht zu greifen und mit guten Ideen beim letzten Pass. Lediglich ein eigener Treffer blieb ihm in seinem bisher besten Turnierspiel verwehrt. Note 1,5.
Per Mertesacker: Kam nach der Pause für Hummels ins Spiel. Brauchte ein wenig, um ins Spiel zu finden. In der kurzen Phase des brasilianischen Drucks nicht immer auf der Höhe. Stabilisierte sich dann aber schnell an der Seite von Boateng und wurde von der Mannschaft schnell aufgefangen. Note 3.
Andre Schürrle: Kam nach knapp einer halben Stunde für Klose. Anders als gegen Frankreich sicher bei seiner ersten Torchance, brachte für die vielen deutschen Konter die nötige Geschwindigkeit mit. Mit dem Lothar-Emmerich-Gedächtnisschuss beim 0:7. Zwei Torschüsse, zwei Tore. Note 1.
Julian Draxler: Kam für eine Viertelstunde noch zu seinem WM-Debüt. Keine Bewertung.
Brasilien:
Julio Cesar: Die ärmste Sau auf dem Platz machte zwischenzeitlich den Eindruck, als wünschte er sich nur noch, aus diesem Albtraum aufzuwachen. Bei Schürrles Sonntagsschuss in den kurzen Winkel zum 0:7 sah er nicht gut aus und dass er Klose den Ball vor dem 0:2 wieder auf den Fuß legt, ist unglücklich. Note 4.
Marcelo: Gehörte in den starken Anfangsminuten der Brasilianer zu den besten Spielern auf dem Platz. Leider hielt das nur für genau zehn Minuten an. Fiel dann mit seinem Team auseinander und war in den meisten Situationen nur interessierter Beobachter - so zum Beispiel bei der schönen Vorbereitung von Özil zum 0:3 oder dem Zusammenspiel von Khedira und Lahm vor dem 0:6 über seine Abwehrseite. Note 5.
David Luiz: Mit seinem Stellungsfehler vor dem 0:1 begann das Dilemma. Wer als Innenverteidiger bei dieser WM nach einer Ecke Thomas Müller aus den Augen verliert, so dass der aus fünf Metern einschieben kann, hat im Finale nichts zu suchen. Luiz war defensiv schlicht überfordert und konnte im Gegensatz zu den vorangegangen Partien auch offensiv keinerlei Akzente setzen. Note 5,5.
Dante: Der Münchner hatte sich sein WM-Debüt mit Sicherheit ganz anders vorgestellt. Er musste sich phasenweise so vorkommen wie bei einem Vorbereitungsspiel des FC Bayern München gegen eine Regionalauswahl. Natürlich ist es nicht einfach, den brasilianischen Kapitän und Abwehrchef Thiago Silva zu ersetzen. Aber von einem so erfahrenen Bundesliga-Spieler wie Dante wird mehr erwartet, als vollkommen die Übersicht zu verlieren und sich wie ein F-Jugendlicher düpieren und ausspielen zu lassen. Note 6.
Maicon: Er sah in den meisten Situationen nur die Hacken von Mesut Özil und Thomas Müller - manchmal sogar von beiden gleichzeitig, wenn sie seine Seite überlagerten und ihm gleich als Duo wegliefen. Dass das 0:7 über seine Abwehrseite vorbereitet wurde, war zwar längst nicht mehr spielentscheidend, soll hier aber trotzdem nicht übersehen werden. Note 5,5.
Luiz Gustavo: Der frühere Münchner und jetzige Wolfsburger hätte in zentraler, defensiver Rolle eigentlich der Turm in der Schlacht sein sollen, ging aber in seinem Team unter wie ein Bauer. Er sah vor allem vor dem 0:5 ganz schlecht aus, als Hummels den Ball über dreißig Meter durch die Zentrale treiben durfte, bevor er Khedira auf die Reise schickte. Zudem blieb Gustavo zusätzlich zu den defensiven Schwächen auch offensiv komplett wirkungslos. Note 4,5.
Fernandinho: Wer wissen will, wie das Halbfinale gelaufen ist, muss sich eigentlich nur seinen Ballverlust gegen Toni Kroos vor dem zwischenzeitlichen 0:4 anschauen. Er ließ sich wie ein unterdurchschnittlicher Kreisliga-Kicker den Ball in zentraler Position vor dem eigenen Strafraum vom Fuß klauen, was nach 26 Minuten schon das Ende aller Finalträume für die Selecao bedeutete. Note 6.
Hulk: Es wirkt irgendwie so, als hätte Bruce Banner kurz vor dieser WM das Heilmittel gefunden, das dafür sorgt, dass der Hulk nicht mehr zum großen und furchteinflößenden Monster mutiert. Wenn Harmlosigkeit im brasilianischen Spiel einen Namen hätte, dann definitiv den mit vier Buchstaben. Note 6.
Oscar: Der bemühteste Brasilianer wollte zwar einfach nicht aufgeben und konnte sich am Ende darüber freuen, Manuel Neuer zumindest den Ehrentreffer beizubringen. Doch leider gilt die Regel Letztes Tor entscheidet nur auf dem Bolzplatz. Da wäre er der König. Im WM-Halbfinale war er nur einer von vielen Versagern in gelben Trikots. Note 3,5.
Bernard: Ganz Brasilien fragte sich vor dem Spiel: Wer kann Neymar ersetzen? Eine Antwort darauf gab es zumindest: Bernard kann es nicht. Er zeigte zu Beginn zwar ganz passable Ansätze, ging dann aber im Kollektiv unter und konnte nichts dagegen tun, das Debakel auch nur einen Hauch erträglicher zu gestalten. Note 5.
Fred: Er hatte seine mit Abstand stärkste Szene als er in der 69. Minute ausgewechselt wurde. Das wurde allein schon deswegen höchste Zeit, weil er mit 26 Ballkontakten zu diesem Zeitpunkt schon auf seinem Turnierschnitt lag. Darunter war tatsächlich auch ein ganz guter und konstruktiver, als er in der stärksten Phase der Brasilianer kurz nach der Pause Ramires auf rechts steil schickte. Geholfen hat es bekanntlich nichts. Note 5,5.
Ramires: Strahlte im Gegensatz zu den meisten Mitspielern nach seiner Einwechslung in der Halbzeit zumindest den Anspruch aus, sich gegen das Debakel wehren zu wollen. Allein ihm fehlten die Mittel. Sowohl seine Abschlüsse als auch die letzten Pässe waren zu ungenau, sodass eine beim Spielstand von 0:5 ohnehin fast unmögliche Wende des Spiels sich zu keinem Zeitpunkt auch nur andeutete. Note 4.
Paulinho: Schlimmer konnte das Spiel der Brasilianer mit seiner Einwechslung nicht mehr werden. Wesentlich besser wurde es aber auch nicht. Sein Fallrückzieher im deutschen Strafraum war zwar sehenswert, doch zum einen schoss er ihn weit vorbei und zum anderen stand er dabei auch noch im Abseits. Note 4.
Willian: Er hätte sich vor der Partie vermutlich gewünscht, von Beginn an zu spielen. Vielleicht war er dann nach einer halben Stunde ganz froh, dass er nicht zu der ersten Elf gehörte, die so historisch abgeschossen wurde. Kam zu einem Zeitpunkt, als die Partie schon lange entschieden war, und hatte nichts mehr zuzusetzen. Note 4.