
Markus Weinzierl feierte seinen ersten Sieg als Bundesligatrainer. Beim 3:1 gegen Werder Bremen, das in orange-olivfarbenen Trikots auflief, konnte sein FC Augsburg mehr Tore erzielen als in allen sechs Spielen vorher. Und das war nicht zu hoch, wie sportal.de gesehen hat.
Markus Weinzierl veränderte seine Startelf nach dem 0:0 von Hoffenheim auf zwei Positionen. Stephan Hain gab an Stelle des verletzten Torsten Oehrl die Sturmspitze, und Knowledge Musona ersetzte Milan Petrzela auf der rechten Seite. Auch Thomas Schaaf nahm zwei Wechsel im Vergleich zum Heimspiel gegen Bayern am vergangenen Wochenende vor. Lukas Schmitz kam als Linksverteidiger in die Mannschaft, Clemens Fritz rückte dafür nach rechts und Theodor Gebre Selassie zumindest für die erste Hälfte auf die Bank. Vorne erhielt Joseph Akpala den Vorzug vor Nils Petersen.
Was immer Schaaf seiner leicht umformierten Mannschaft mit auf den Weg gegeben hatte: Nach weniger als 120 Sekunden wurde auf der Augsburger Pressetribüne das Wort "Makulatur" in die Tastaturen getippt. Da hatte Tobias Werner den FCA mit 1:0 in Führung gebracht und damit das Torekonto der Schwaben in dieser Saison schon um 50 Prozent erhöht. Musona, von drei Bremern gestellt, legte ab auf Paul Verhaegh.
Der durfte, da die drei Bremer sich ähnlich effizient absprachen wie Schultze und Schulze bei der Verbrecherjagd, fast aus dem Stand flanken. Und das offenbar so formschön, dass sogar Clemens Fritz von der anderen Seite gebannt zuschaute. Augen für seinen Gegenspieler Werner hatte der neue, alte Rechtsverteidiger jedenfalls nicht. Und so konnte Werner locker einschieben.
Hilfe, wir liegen in Führung!
Dass die Situation für Augsburg Neuland war, kann man dem FCA kaum zum Vorwurf machen: Immerhin war es die erste Führung seit dem Pokalspiel in Wilhelmshaven im August. Und das liegt zwar in der Nähe von Bremen, spielt allerdings drei Ligen tiefer als der SV Werder. Augsburg jedenfalls zog sich unter dem Eindruck der Führung weit zurück und überließ den im hässlichen Orange-dunkelgrün (Grün hätte man wohl von Weiß nicht unterscheiden können?!?) antretenden Bremern das Feld.
Einen Freistoß nahe der Mittellinie an der Seitenauslinie zu verschulden, birgt auf den ersten Blick ja keine Gefahr, das wissen auch Teams, die noch nie in Führung gelegen haben. Kevin de Bruynes Standardsituation aus fast 50 Metern aber wurde länger und länger, die Choreographien von Freund und Feind führten allesamt am Ball vorbei, und Mohammed Amsif im Augsburger Tor, dem man es als letztem erzählt hatte, sprang zu spät ab und konnte den Ausgleich in der 19. Minute nicht mehr verhindern.
Nun hätte Werder wiederum, das ja etwas mehr Erfahrung mit Führungstreffern hatte als der FCA, seinerseits eigentlich wissen müssen, wie weiter zu verfahren wäre, um die zwischenzeitlichen Vorteile im Spiel in Erfolge umzumünzen. Doch auch Werder setzte nicht nach, und so konnte Augsburg nach einer halben Stunde erneut in Führung gehen. Wieder zeigte Musona, dem seinem Vornamen Knowledge zum Trotz vom Club laut Kicker mangelnde Deutschkenntnisse vorgehalten werden, dass er nicht als Volkshochschullehrer, sondern als Fußballprofi verpflichtet wurde und bediente Stephan Hain mit einem schönen Pass, der allerdings nur deshalb als Assist fungierte, weil Sokratis im Multitasking gleichzeitig das Abseits aufhob und seinen einzigen Gegenspieler aus dem Blick verlor.
Thomas Schaaf, le penseur hanseate
Thomas Schaaf, der nach beiden Gegentoren die Pose von Auguste Rodins "Der Denker" aufsetzte, dachte sich, dass die Hereinnahme von Gebre Selassie für die zweite Hälfte Schwung nach vorne bringen würde. Aber der Neuzugang brachte nur defensive Stabilität - die Augsburger Angriffe liefen nun wieder über die rechte Seite, wohin Fritz nach der Pause gewechselt war.
Obwohl Werder mehr Ballbesitz und mehr Torschüsse hatte als die Gastgeber, wirkte Augsburg jederzeit gefährlicher und kam nach gut 70 Minuten durch einen Freistoß von Daniel Baier zum entscheidenden 3:1. Dieser Ball hätte jedoch das Tornetz nie erreicht, wenn Sebastian Mielitz in der ihm zugedachten Ecke geblieben wäre, anstatt auf Verdacht in die Mauerecke zu springen.
Damit hatte Augsburg nun sogar mehr Tore erzielt als in den vorigen sechs Punktspielen der Saison. Der FCA hätte sein Torkonto sogar noch verdoppelt, wenn der eingewechselte Petrzela, als er Mielitz außerhalb des Strafraums genarrt hatte, mit seinem Heber nicht den Pfosten, sondern das leere Tor getroffen hätte. Vom Gebälk prallte der Ball gegen Clemens Fritz, aber es wäre des Slapsticks dann doch zu viel gewesen, wenn dem Verteidiger hier noch ein Eigentor gelungen wäre.
Auch ohne clowneske Szene lachte am Ende Markus Weinzierl über seinen ersten Sieg als Bundesligatrainer. Nach der Länderspielpause muss Augsburg nach Nürnberg, Werder empfängt Borussia Mönchengladbach in einem Spiel, das als Weichenstellung für beide Mannschaften gelten darf: Geht es nach oben oder nach unten?