Wer die Dauphiné gewinnt, der muss mit der Favoritenbürde bei der Tour de France leben. Bradley Wiggins wird es recht sein, zumal nicht nur seine Form stimmt, sondern seine Rivalen schwächeln oder aufgrund einer Sperre bei der Tour fehlen.
Bradley Wiggins hat als dritter Profi seinen Erfolg bei der Dauphiné-Rundfahrt wiederholt und geht nun als Favorit in die Tour de France, zumal der gesperrte Alberto Contador fehlen wird und Andy Schleck in dieser Saison überhaupt nicht in Form zu kommen scheint.
Der dreimalige Bahn-Olympiasieger Wiggins verteidigte auf der Schlussetappe von Morzine nach Chatel über 124 bergige Kilometer sein Gelbes Trikot. Den Tagessieg auf dem Schlussabschnitt erkämpfte der Spanier Daniel Moreno.
Zuvor hatten nur der Amerikaner Lance Armstrong (2002/2003) sowie der Spanier Alejandro Valverde (2008/2009) ihre Erfolge bei der wichtigen Tour-Generalprobe wiederholen können. Der Sohn des 2008 auf mysteriöse Weise ums Leben gekommenen australischen Radprofis Gary Wiggins weckte zudem in seinem Heimatland die Hoffnung auf Olympia-Gold im Zeitfahren, nachdem er sich im Vorjahr bei der WM noch Tony Martin beugen musste.
Der Zeitfahr-Weltmeister, der sich bei der Dauphiné im Kampf gegen die Uhr nur Wiggins beugen musste, hatte am Vortag auf der Königsetappe nach Morzine einen Einbruch erlebt und über vier Minuten auf die Top-Fahrer verloren. Am elf Kilometer langen Schlussanstieg zum Col de Joux-Plane musste Martin abreißen lassen und verlor seinen Top-Ten-Platz.
Tour-Sieger Cadel Evans aus Australien versuchte am Schlusstag mit fünf Bergwertungen noch einmal, den Rückstand auf Wiggins zu kompensieren, doch ließ der Brite keine Schwächen erkennen. Hinter Wiggins' australischem Sky-Teamgefährten Michael Rogers (1:17 zurück) musste Evans nach Platz drei am Schlusstag im Endklassement gleichfalls mit Rang drei und einem Rückstand von 1:26 Minuten auf Wiggins zufrieden sein.
Andy Schleck hat noch "nie so gelitten"
Eine enttäuschende Vorstellung bot Andy Schleck. Der Luxemburger hatte am Samstag angesichts von Verletzungen und eines Riesen- Rückstandes zum dritten Mal in dieser Saison eine Rundfahrt vorzeitig aufgegeben. "Als ich im Auto saß und die anderen Fahrer Rennen fahren sah, bin ich mental zusammengebrochen", gestand er deprimiert und flog noch am Abend in seine Heimat. Dort will sich Schleck nun einer Kernspintomographie unterziehen. "Das ist eine Riesen-Enttäuschung. Als Radprofi ist man psychisch sehr stark, aber heute war das einfach zu viel. Ich habe noch nie in einem Radrennen so gelitten."
Johan Bruyneel, der Chef des RadioShack-Teams, zeigte Verständnis für den Ausstieg seines Kapitäns, der im Zeitfahren gestürzt war und sich Verletzungen an Bein und Rücken zugezogen hatte. "Er konnte einfach nicht mehr richtig in die Pedale treten. Es war unmöglich, die Etappe zu beenden", meinte der Belgier. "Andys Situation ist kein gutes Zeichen für die Tour-Vorbereitung", meinte er.