Während sich in Deutschland die Kritik nach der 3:5-Pleite gegen die Schweiz in Grenzen hält, muss sich Bert van Marwijk in den Niederlanden rechtfertigen. Es geht mal wieder um die Taktik und die richtige Aufstellung.
Zwei Wochen vor Beginn der EM 2012 ist in den Niederlanden wieder einmal eine heftige Diskussion über die richtige Taktik des Oranje-Teams ausgebrochen. Bei der 1:2-(1:0)-Testspielniederlage gegen Bulgarien in Amsterdam versuchte es Bondscoach Bert van Marwijk erneut mit seinen beiden Top-Torjägern Robin van Persie und Klaas-Jan Huntelaar zusammen in der Startformation - und erntete dafür heftige Kritik.
"Van Marwijk hat nach Namen aufgestellt und dann für die Spieler Positionen gesucht", monierte Marco van Basten im niederländischen Fernsehsender SBS6 die Formation des zweiten deutschen Gruppengegners beim Turnier in Polen und der Ukraine.
Van Marwijk kontert die Kritik von van Basten
Van Marwijk wies die Schelte seines Vorgängers zurück. "Das hat Marco nicht richtig gesehen. Er sieht eben auch nicht immer alles richtig", meinte der 60 Jahre alte ehemalige Coach von Borussia Dortmund. "Ich fand, Robin und Klaas haben das in der ersten Halbzeit sehr gut gemacht. Beide haben sich sehr gut an die Absprachen gehalten", sagte van Marwijk.
Der Schalker Huntelaar begann im Sturmzentrum, konnte in seinem 50. Länderspiel aber keine Akzente setzen. Van Persie startete auf dem rechten Flügel und machte nach schöner Vorarbeit von Wesley Sneijder kurz vor der Pause immerhin den Führungstreffer. Van Marwijk hatte zudem noch Rafael van der Vaart auf der linken Außenposition aufgeboten, sodass der Europameister von 1988 sehr offensiv agierte.
Doch dem Top-Quartett gelang es nur selten, seine individuellen Qualitäten zusammenzuführen und für gefährliche Offensivaktionen zu sorgen. Kapitän Mark van Bommel reagierte auf Kritik an der Aufstellung nach dem Spiel dennoch genervt. "Es ist nie gut. Ich habe keine Lust auf taktische Diskussionen", sagte van Bommel nach seinem 75. Einsatz für die Elftal.
Van Persie will spielen egal wo
Das Gerede um Aufstellungen gehört in den Niederlanden so sehr zum Fußball wie zwei Tore auf das Spielfeld. In kaum einem Land wird so sehr über die Ausrichtung der Nationalmannschaft diskutiert. Die Profis gehen dem Thema lieber aus dem Weg. "Ich spiele da, wo mich der Trainer aufstellt. Aber natürlich will ich gerne von Anfang an dabei sein", sagte van Persie, beim FC Arsenal in dieser Saison Torschützenkönig der englischen Premier League.
Dort spielt van Persie allerdings im Sturmzentrum, viele Kritiker sehen ihn dort wesentlich stärker als auf dem Flügel. Doch dann müsste Bundesliga-Torschützenkönig Huntelaar aus dem Team rotieren ein Luxusproblem, dass van Marwijk auf seine eigene Art lösen will.
Dabei muss sich der Bondscoach eher Sorgen um seine Defensive machen. Van Marwijk fehlt es derzeit ohnehin an guten Innenverteidigern, nun hat sich auch noch Joris Mathijsen verletzt. Der Ex-Hamburger schied bereits nach einer Viertelstunde mit einer Verletzung am linken hinteren Oberschenkel aus. Erst nach Untersuchungen zu Beginn der Woche wird deutlich sein, wie lange der 32-Jährige ausfällt. "Es scheint nichts gerissen zu sein, doch auch eine Zerrung dauert zehn bis 15 Tage", sagte van Marwijk.
Robben bedankt sich
Gegen Bulgarien, die durch die Treffer von Ivelin Popov (50. Minute, Handelfmeter) und Zweitligaprofi Ilijan Micanski vom FSV Frankfurt (90.+3) ein unerwartetes Erfolgserlebnis feierten, kam in der Schlussviertelstunde auch noch Arjen Robben zu einem Kurzeinsatz.
Anders als beim Kompensationsspiel in München wurde der Flügelflitzer von den Oranje-Fans mit Applaus empfangen. "Ich möchte mich bei den Fans bedanken. Das hat sehr gut getan", sagte Robben. "So eine Woche wie die letzte habe ich noch nie mitgemacht."