Hand in Hand hatten Fans von Union Berlin und Eintracht Frankfurt die vom DFB-Sportgericht angeordnete Aussperrung der Gästefans unterlaufen und auf Schmähplakaten kritisiert. Die gemeinsame Aktion machte deutlich: Der DFB muss im Kampf für mehr Stadion-Sicherheit umdenken. Die alten Sanktionen nimmt keiner ernst.
Die vom DFB nach den Vorkommnissen bei Fortuna Düsseldorf gegen Fans von Eintracht Frankfurt verhängte Auswärtsverbot für die Partie bei Union Berlin hatte die Anhänger erfinderisch gemacht. Unterstützung erhielten sie in ihrem Protest gegen die Entscheidung des DFB-Sportgerichts auch noch von den gegnerischen Fans. So kauften Union-Anhänger für die Hessen die Eintrittskarten und ermöglichten ihnen den Zutritt ins Stadion.
Gemeinsam wurden während des Spiels Schmähgesänge gegen den DFB angestimmt - Plakate brachten zudem den Unmut über die Strafe zum Ausdruck. Ihren Höhepunkt fand die Aktion, als Mitte der ersten Halbzeit mehrere Frankfurter Anhänger über den Zaun zum Gästebereich gestiegen waren. Als immer mehr Fans versuchten, dem Beispiel zu folgen, öffnete Union die Tore und ließ alle passieren.
"Das war sicherlich nicht rechtens. Aber es war sehr besonnen. Union hat großartig reagiert, lobte Eintracht-Vorstandschef Heribert Bruchhagen laut dpa zwar die Reaktion der Ordnungskräfte im Stadion, forderte aber vom DFB Konsequenzen: "Wir müssen bei den konventionellen Strafen umdenken."
Stadionverbote für Auswärtsfans wird es nicht mehr geben
Das sieht mittlerweile auch der DFB so und zog bereits am Tag darauf erste Konsequenzen. Künftig wird der Kontrollausschuss nach Ausschreitungen keine Teilausschlüsse mehr beim DFB-Sportgericht beantragen. "Bei uns ist wahrgenommen worden, dass die ausgesprochene Sanktion ihren Zweck nicht erfüllt hat", erklärte Rainer Koch, Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen beim DFB. Er gehe davon aus, dass das DFB-Sportgericht als unabhängiges Gremium solche Strafen nicht mehr aussprechen wird.
Koch, im Hauptberuf Richter am Oberlandesgericht München, will die Verantwortung für künftige Urteile aber nicht nur an die Sportgerichtsbarkeit abschieben. Deshalb forderte er den gesamten Fußball auf, neu darüber nachzudenken: "Wir wollen die Liga und die Clubs mitnehmen und die Zeit bis zum Saisonende nutzen, damit wir uns für die neue Saison aufgestellt haben." Ziel bleibe, Ausschreitungen in den Stadien für die Zuschauer zu verhindern.
Punktabzüge sind kein Thema
Kein Thema seien Punktabzüge. Dies betonte auch Robert Weise, DFB-Abteilungsleiter Recht: "Wir haben in 30 Jahren nie über Punktabzug nachgedacht." Auch bei hohen Geldstrafen, so Koch, sei die Belastbarkeit mancher - vor allem unterklassiger Vereine - begrenzt. Der DFB will die Vereine mit seinen Sanktionen zu maximalen Gegenmaßnahmen motivieren und natürlich die Randalierer abschrecken.
Ein Patentrezept haben bis heute weder der Verband noch Polizei und Politik gefunden. Bruchhagen hatte bereits nach dem Spiel gefordert: "Wir müssen bei den konventionellen Strafen umdenken. Wir haben es hier mit einer Jugendbewegung zu tun. Wenn einer in der zwölften Klasse ein Stadionverbot bekommt, dann adelt ihn das in der Schule." Man brauche, so der erfahrene Funktionär, kluge Lösungen. "Ich muss aber auch zugeben: Ich selbst habe sie auch nicht." Alle im Fußball müssten jetzt "ganz unaufgeregt darüber sprechen und neue Lösungsansätze finden".