Bundestrainer Joachim Löw ging mit der Nominierung von nur drei Stürmern ein kleines Risiko ein. Nun droht tatsächlich Ungemach: Sorgenkind Miroslav Klose reiste mit einer neuen Verletzung in Sardinien an.
So hatte sich Joachim Löw seinen ersten Arbeitstag auf Sardinien nicht vorgestellt. Miroslav Klose musste sich nach seiner Ankunft im Trainingscamp der Nationalmannschaft gleich bei den Medizinern in Behandlung begeben. Die ebenfalls angeschlagenen Lukas Podolski und Benedikt Höwedes konnten wieder nicht auf dem Fußballplatz trainieren. Erneut übten nur sechs Feldspieler und drei Torhüter im Stadion Andrea Corda. Löw schaute der Kleingruppe und ganz besonders Per Mertesacker aufmerksam zu.
Dortmunder Double-Gewinner kommen am Dienstag
Trotz seiner vielfältigen Probleme knapp vier Wochen vor dem Start der EM-Titelmission demonstrierte der Bundestrainer Lockerheit, posierte zum Trainingsbeginn für die Fotografen und begrüßte die Reporter. "Das muss man doch machen, wenn man später kommt", scherzte Löw, der wegen des DFB-Pokalendspiels erst am Sonntag nach Italien geflogen war.
Improvisation bleibt angesagt im ersten Trainingslager, das sich erst am Dienstag mit der Ankunft der fünf Dortmunder Double-Gewinner Mats Hummels, Mario Götze, Marcel Schmelzer, Ilkay Gündogan und Sven Bender etwas mehr füllen wird. Die Situation sei "für die Trainer sehr schwer", bekannte Teammanager Oliver Bierhoff: "Es stellt hohe Anforderungen an die Trainer, sehr kurzfristig zu reagieren."
Schonung für die EM? Untersuchung steht an
Auch bei Klose muss Löw seine Planungen gleich wieder modifizieren. Der 33 Jahre alte Torjäger hatte sich bei Lazio Rom im Training eine Blessur am rechten Sprunggelenk zugezogen und fehlte deswegen beim 3:1-Sieg gegen Inter Mailand. In italienischen Medien wurde prompt wild spekuliert: "Man muss unweigerlich denken, dass sich der Deutsche ohne eine EM vor der Tür anders entschieden hätte", schrieb die Gazzetta dello Sport.
Der 114-malige Nationalspieler checkte wie geplant nach dem kurzen Flug von Rom nach Olbia im Teamhotel Rommazino ein, wo DFB-Arzt Josef Schmitt "eine genaue Diagnose" der Verletzung erstellen sollte. Erst danach könne man über die "weitere Therapie" entscheiden, teilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit.
Eine erneute Trainingspause von Klose, der nach einem vor zwei Monaten erlittenen Riss im Beugemuskel des linken Oberschenkels gerade erst wieder fit geworden war, wäre ärgerlich - nicht nur für den Spieler, sondern auch für Löw. Der Bundestrainer hatte geplant, "dass für Miro hier ein umfangreiches Programm stattfindet". Es ist aber noch zu früh, über möglichen Ersatz für Klose nachzudenken, zumal mit Lukas Podolski, André Schürrle und Thomas Müller drei weitere Spieler im Kader stehen, die im Angriff spielen können.
Mertesacker ist auf einem guten Weg
Das umfangreiche Programm kann Mertesacker, das zweite große Sorgenkind in Löws EM-Wunschformation, bislang in vollem Umfang absolvieren. "Ich kann bis an die Grenze gehen und voll durchziehen", berichtete der 27 Jahre alte Innenverteidiger. Er könne seinen im Februar operierten rechten Fuß "uneingeschränkt belasten". Mertesacker sei im Soll, betonte Löws Assistent Hansi Flick: "Er ist sehr spritzig. Er ist auf dem Weg, auf dem wir ihn erwartet haben." Selbst bei den Sprints hält Mertesacker Schritt mit seinen jungen Teamkollegen.
Nach einer Bootstour am Vortag wurde das Übungspensum zum Wochenbeginn wieder angezogen. Allerdings ohne Podolski und Höwedes, die weiter über muskuläre Probleme klagen. Mit den Bremsschlitten wurde bei Marco Reus und Co. die Schnellkraft geschult. Tim Wiese, Ron-Robert Zieler und Marc-André ter Stegen nahmen das spezielle Torwarttraining auf - ihr Dreikampf um die zwei Kaderplätze hinter Manuel Neuer ist damit eröffnet. "Es ist sehr anstrengend, aber wir haben auch ein großes Ziel vor Augen", sagte der Gladbacher Reus schwitzend nach der Übungseinheit.
Wenn die Dortmunder da sind, "werden wir in die richtige Arbeit reinkommen", kündigte Löw eine weitere Intensitätssteigerung an. Das BVB-Quintett dürfte am Dienstag zwar müde vom Feiern, aber auch euphorisiert die EM-Vorbereitung aufnehmen. Mertesacker wünscht sich, dass er neben den schwarz-gelben Meistern und Pokalsiegern später auch noch Champions-League-Gewinner in Empfang nehmen kann: "Wir als Nationalmannschaft hoffen, dass nicht nur die Dortmunder mit einem positiven Erlebnis zu uns kommen, sondern auch die Bayern."