Triple oder nix? Von Erfolgszwang wollte Pep Guardiola vor dem Auftakt seiner Abschiedstournee nichts wissen. "Nein, nein, nein, nein", sagte der 44-Jährige vor dem Rückrundenstart beim Hamburger SV am Freitag (20.30 Uhr im LIVETICKER) kopfschüttelnd und mit vorgeschobener Unterlippe auf die Frage, ob er seine letzten vier Monate als Trainer von Bayern München mit besonderer Anspannung angehe. "Ich würde sofort unterschreiben, wenn mir angeboten würde, dass wir dieselbe Rückrunde spielen wie in den vergangenen Jahren", fügte er an.
Nur diesmal, betonte Guardiola, wolle er in der entscheidenden Saisonphase bitteschön alle Mann an Bord haben. Nur dann ist seine Mannschaft in der Lage, in der Champions League um den Titel mitzuspielen - und zu verhindern, dass ihr Coach sie im Sommer nach drei Jahren FC Bayern als "Unvollendeter" verlässt. "Ich weiß, die Leute wollen, dass wir die Champions League gewinnen. Wenn wir das nicht schaffen, sind wir gescheitert", sagte Guardiola. Und mit diesem höchsten Maßstab wird er und wird der FC Bayern bereits in Hamburg gemessen.
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Der HSV ist der erste Prüfstein auf dem Weg zum Rekord von vier Bundesliga-Meisterschaften nacheinander - und zum Finale in der Königsklasse am 28. Mai in Mailand. Guardiola strebe einen "perfekten Abschied" an, eher er sein Amt an Carlo Ancelotti übergebe, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge zuletzt. Und bevor es losging, strahlte der Coach viel Lust auf die schwere Aufgabe aus.
Langeweile in der Winterpause
Er freue sich auf Hamburg, die Winterpause ohne Wettbewerb sei "langweilig" gewesen, sagte Guardiola am Donnerstag scherzhaft. Ob sein Team, dem fünf Profis um die Topstars Mario Götze und Franck Ribéry fehlen, bereit ist für den Bundesliga-Klassiker, könne er aber nicht sagen: "Wir können in Hamburg verlieren, wir wissen nicht, wo unser Niveau ist."
Beim einzigen Test, dem peinlichen 1:2 am vergangenen Samstag bei Zweitligist Karlsruher SC, waren die Bayern nicht auf der Höhe. Guardiola wehrte sich am Donnerstag gegen Vermutungen, die dürftige Verfassung könne mangelndem Training geschuldet sein. "Lieber Qualität als Quantität", sagte er, betonte aber die wegweisende Bedeutung eines guten Starts für den Titelkampf mit Borussia Dortmund ("eine der besten fünf Mannschaften in Europa"), das als Zweiter acht Punkte zurückliegt. Wenn der Auftakt in Hamburg sowie mit Spielen in Leverkusen, Wolfsburg und Dortmund bis Anfang März erfolgreich verlaufe, "dann haben wir die Bundesliga in der Tasche", sagte er.
'Jupp und Ottmar immer wichtiger'
Dann kann sich Guardiola mit dem Achtelfinal-Rückspiel in der Königsklasse gegen den Vorjahresfinalisten Juventus Turin am 16. März voll dem Henkelpott widmen. "Wir werden die Champions League vielleicht gewinnen", sagte er, "aber Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes werden immer wichtiger sein." Hitzfeld und Heynckes waren 2001 bzw. 2013 die letzten Bayern-Trainer, die den Pokal nach München holten. Heynckes holte gar das Triple, obwohl auch sein Abschied vorzeitig feststand. "Ich akzeptiere diesen Druck", sagte Guardiola, aber Titel - das seien "nur Nummern". Er habe "andere Ziele". Etwa, die Spieler besser zu machen.
Die Stars aber wissen sehr wohl, was zählt. "Das Ziel ist, erfolgreich Fußball zu spielen. Das heißt für uns, dass wir am Saisonende drei Titel haben", sagte Kapitän Philipp Lahm. Dann, und vermutlich nur dann, wird die Ära Guardiola als Erfolg in die ruhmreichen Annalen des FC Bayern eingehen.